Frage an Gustav Herzog von Volker U. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
der heutigen Rheinpfalzausgabe konnte ich entnehmen, dass aus dem Arbeits-und Sozialministerium der SPD-Ministerin Nahles gewaltige Leistungskürzungen für Hartz-IV-Empfänger geplant sind. So die vorzeitige Verrentung mit 63 Jahren unter erheblichen Abschlägen und die Kürzung des Leistungsbezuges insbesondere für alleinerziehende Frauen bei Abwesenheit ihrer Kinder während des Aufenthaltes beim Vater. Geradezu für zynisch halte ich den Bürokratieabbau als Begründung dieser schikanösen Gesetzgebung. Meiner Meinung nach ein unwürdiges Vorgehen einer sozialdemokratischen Ministerin! Wie ist Ihre Meinung zu diesem Vorhaben?
Sehr geehrter Herr Ultes,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum neuen SGB II Änderungsgesetz, das in der Rheinpfalz vom 22. Mai 2016 thematisiert wurde. Leider werden die Änderungen in dem Kommentar, auf den Sie sich beziehen, polemisiert und nicht korrekt dargestellt. Gerne erkläre ich Ihnen im Folgenden den tatsächlichen Gesetzesinhalt.
Zuallererst ist es wichtig klarzustellen, dass das Änderungsgesetz die Umsetzung bestehender Rechtsprechung beinhaltet und dabei nicht zu einer Verschlechterung der bisherigen Rechtslage für die Betroffenen führt.
Als nächstes möchte ich noch auf Ihre Aussage zu angeblichen Kürzungen des Leistungsbezuges für alleinerziehende Mütter bei der Abwesenheit ihrer Kinder eingehen. Diesbezüglich liegen Ihnen Falschinformationen vor. Das Bundesssozialgericht hat die Berechnung der Grundsicherungsleistungen für Kinder getrennt lebender Eltern, die sich in beiden Elternhaushalten aufhalten, geregelt. Es hat entschieden, dass Leistungen für die Kinder auf beide Haushalte aufzuteilen sind. Hierbei handelt es sich demnach nicht um eine Leistungskürzung, wie von der Öffentlichkeit oft fälschlich wahrgenommen, sondern lediglich um eine Aufteilung des zustehenden Regelsatzes. Das neue Gesetz vereinfacht den diesbezüglichen Bürokratieprozess in den Jobcentern, bietet strittigen Fällen ein klares Zuordnungskriterium und nimmt vor allem Last von den Schultern der Kinder, die bei Leistungsstreitigkeiten oft zwischen ihren Eltern stehen.
Sie hegen in Ihrer Anfrage die Befürchtung, dass Leistungsbezieher des SGB II nach den Änderungen stärker unter Druck geraten werden, eine abschlagsgeminderte Rente in Anspruch nehmen zu müssen. Tatsächlich wird die neue Regelung im Hinblick darauf nur begrenzte Wirkung entfalten: Im Rahmen des Gesetzes zur Flexi-Rente, das im Herbst beschlossen werden soll, werden Härten durch eine Anpassung der Unbilliggkeitsverordnung weiter abgemildert. Zukünftig werden Leistungsberechtigte im SGB II nicht mehr verpflichtet, eine vorzeitige geminderte Altersrente in Anspruch zu nehmen, wenn sie dadurch absehbar dauerhaft auf Leistungen aus der Grundsicherung im Alter angewiesen sein werden.
In Ihren Ausführungen nehmen Sie außerdem an, dass „gewaltige Leistungskürzungen für Harz-IV-Empfänger“ geplant seien. Dies ist nicht der Fall. Das Änderungspaket bietet Jobcentern die Möglichkeit, den Bürokratieaufwand maßgeblich zu verringern, wobei es, und das möchte ich besonders betonen, zu keinerlei Leistungskürzungen für die Betroffenen kommt.
Stattdessen bietet das SGB II-Änderungsgesetz, welches Sie als „schikanös“ bezeichnen, viele Verbesserungen für Arbeitssuchende. Diese ergeben sich z.B. durch bessere Möglichkeiten zur Ausbildungsförderung, längere Fördermöglichkeiten von Langzeitarbeitslosen und bessere Zuverdienstmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen.
Wie Sie sehen können, handelt es sich hier also nicht um ein „unwürdiges“ Vorgehen von Frau Nahles. Nein, ich persönlich halte das Änderungspaket für sehr praxisnah und aus sozialdemokratischer Sicht gelungen.
Mit freundlichen Grüßen
Gustav Herzog