Frage an Gustav Herzog von Hermann A. bezüglich Soziale Sicherung
Mein gesamtes Arbeitsleben habe ich in eine Direktversicherung eingezahlt für meine Altersvorsorge. Nun wird die Versicherung in 2 Jahren fällig. Zwztl. hat die SPD ein Gesetz erlassen, wonach der volle Krankenkassenbeitrag bei Auszahlung der LV zu entrichten ist. Jetzt ist die SPD wieder an der Regierung und bereitet ein Gesetz vor, das die Bewertungsreserven dieser Versicherung kappt. Selbst ohne Berücksichtigung der geringen Verzinsung in den letzten Jahren werden mir ggü. der ursprüngl. Versprechungen alleine durch die SPD-Gesetze einige tausend Euro bei der privaten Altersvorsorge fehlen. Andere haben es richtig gemacht. Die haben ihr Geld verlebt. Ich habe gespart und bekomme nun im Alter immer weniger davon raus. Bravo SPD.
Dafür wird die Allianz, die in 2013 unterm Strich sechs Milliarden Euro Gewinn gemacht hat, der operative Gewinn betrug 10,1 Milliarden ihren Gewinn in 2014 durch dieses Gesetz voraussichtlich nochmals um einige Milliarden steigern.
Wer vertritt eigentlich heutzutage noch die Interessen der Leute, die ein Leben lang arbeiten und sparen und am Ende nach allen Regeln der Kunst geschröpft werden?
Warum schützt hier die SPD nicht die kleinen Leute, sondern immer wieder die Finanzindustrie? Warum geben diese Finanzinstute den Leuten nicht das, was ihnen bei Abschluss einmal versprochen wurde? Warum unterstützt die Regierung dieses Verhalten? Warum verzichten in dieser Situation nicht mal die Anteilseigner auf Dividenten zu Gunsten der Kunden?
Ich stehe jetzt vor der Entscheidung, bei meiner Lebensversicherung durch eine schnelle Kündigung vielleicht noch zu retten, was zu retten ist, habe aber gelesen, dass die Regierung das Gesetz schnell durchpeitschen will, um zu verhindern, dass die kleinen Leute noch ein paar Euro sichern können. Wahrscheinlich ist es jetzt schon zu spät und die Finanzwirtschaft war wieder mal schneller.
Meinen Kindern werde ich jedenfalls empfehlen, niemals irgendwelche Verträge zur Altersvorsorge abzuschließen.
Sehr geehrter Herr Andreas,
vielen Dank für Ihre Frage zur geplanten Neuregelung der Beteiligung von Versicherungsnehmern an den Bewertungsreserven bei Lebensversicherungen. Ich bitte um Verständnis, dass ich Ihnen erst jetzt antworte, aber entgegen Teilen der Berichterstattung in den Medien sind die Änderungen noch nicht beschlossen, es gibt noch keinen Gesetzentwurf und ein konkreter Termin, ab wann welche Regelungen in Kraft treten besteht daher auch noch nicht. Wir befinden uns also noch in der Phase des s. g. Referentenentwurfes und die verschiedenen Möglichkeiten, wie man die berechtigten Interessen der Versicherten mit einer Risikostabilität der Versicherungen in Einklang bringen kann, werden noch innerhalb der Regierung und in den Fachgremien des Bundestages diskutiert.
Ich habe mich daher bei dem zuständigen Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion, Herrn Manfred Zöllmer MdB über die Hintergründe der Neuregelung und den Stand der Debatte informiert.
Bevor ich aber zu den aktuell geplanten Veränderungen komme, möchte ich noch kurz auf die von Ihnen zu Beginn Ihrer Frage angesprochenen und seit 10 Jahren umgesetzten Änderungen bei der Krankenkassen-Verbeitragung von Direktversicherungen eingehen: Die Neuregelung im Jahr 2004 beseitigte eine Verwerfung im Beitragsrecht. Denn auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen (Rentenzahlungen) aus Direktversicherungen waren nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V alter Fassung Beiträge zur Krankenversicherung zu zahlen. Beitragspflichtig waren nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch die Kapitalabfindungen, die erst nach Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart wurden (Beispiel: Umwandlung einer laufenden Rentenzahlung in eine Kapitalabfindung).
Direktversicherungen mit Kapitalabfindung waren also gegenüber anderen Direktversicherungsformen beitragsrechtlich begünstigt, wenn die Kapitalisierung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart worden war. Für diese Differenzierung gab es unter dem Blickwinkel der Belastungsgerechtigkeit keinen sachlichen Grund. Die konsequente Umsetzung des Solidarprinzips gebot es vielmehr, alle Einkünfte aus Direktversicherungen gleich zu behandeln.
Nun zu den geplanten Änderungen bei den Bewertungsreserven:
Bei einer Lebensversicherung erhalten die Versicherten bei Vertragsende neben der garantierten Leistung auch eine Beteiligung an den Überschüssen und grundsätzlich die Hälfte der ihnen zugeordneten Bewertungsreserven. Bei diesen Reserven handelt es sich nicht um erzielte Erträge, sondern um die rechnerische Differenz zwischen dem Markt- und dem Buchwert der Kapitalanlagen des Versicherungsunternehmens. § 153 VVG regelt diese Überschussbeteiligung, verweist aber auch darauf, dass die Lebensversicherer vorrangig zur dauernden Erfüllbarkeit der Verträge verpflichtet bleiben.
Entsprechend ihrem Geschäftsmodell tätigen Versicherungsunternehmen regel-mäßig längerfristige und damit höherverzinsliche Vermögensanlagen. Soweit es sich dabei um festverzinsliche Wertpapiere handelt, steigt ihr Marktwert in Zeiten niedriger Kapitalmarktzinsen. Deshalb haben sich die Bewertungsreserven der Lebensversicherer in den letzten Jahren rein rechnerisch (!) vervielfacht. Derzeit aus-scheidende Versicherer erhalten folglich eine – verglichen mit normalen Kapitalmarktverhältnissen – betragsmäßig weit überdurchschnittliche Beteiligung an den Bewertungsreserven. Damit sind sie bevorzugt gegenüber früheren Versicherungsnehmern, deren Verträge vor der aktuellen Niedrigzinsphase fällig wurden. Gleichzeitig sinkt durch die sehr hohen Ausschüttungen das Vermögen, aus dem die Leistungen an die Versicherten bestritten werden, deren Verträge erst in den kommenden Jahren fällig werden. Dies gilt insbesondere, soweit Unternehmen zur Finanzierung der aktuellen Auszahlungen hochverzinsliche Wertpapiere veräußern müssen. Von einer Weiterführung des bisherigen Prinzips würden also nur die Versicherungsnehmer profitieren, die jetzt oder in naher Zukunft ihre abgelaufenen Versicherungen nebst hoher Ausschüttung erhalten. Die Quittung bekämen aber die Versicherten, deren Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig werden.
Mit einer Neuregelung soll für eine gerechtere Beteiligung ALLER Versicherungsnehmer auch an dem Vermögen, das die Unternehmen in festverzinslichen Papieren anlegen, geschaffen werden. Das entspricht übrigens dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, das den Gesetzgeber verpflichtet hat, für einen fairen Interessenausgleich innerhalb der Solidargemeinschaft der Versicherten zu sorgen.
In den Eckpunkten sind neben den von Ihnen kritisierten Änderungen bei den Bewertungsreserven auch viele weitere Maßnahmen geplant, die z. B. dem Schutz der Anleger und der Kontrolle der Versicherungsunternehmen dienen:
So sollen die Versicherten künftig stärker als bisher an den Risikogewinnen der Lebensversicherer beteiligt werden. Die Aufsichtsrechte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sollen erweitert werden, so dass sie bei Unternehmensschieflagen früher eingreifen und beispielsweise auch Dividendenausschüttungen untersagen kann. Ergänzend sollen die Provisionen von Versicherungsvermittlern eingeschränkt werden.
Sie sehen also: Entgegen Ihren kritischen Worten dienen die Änderungen nicht der Profitmehrung der Versicherungen, sondern einer langfristigen Stabilisierung und einem fairen Interessenausgleich innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten. Was dann auch für Ihre Kinder und deren Alterssicherung wichtig ist!
Dennoch ist unbestritten, dass einige Kritikpunkte von Verbraucherschützern und Versicherten an den Eckpunkten berechtigt sind und von uns in der SPD-Bundestagsfraktion sehr ernst genommen werden. Meine fachpolitischen Kolleginnen und Kollegen haben mir mitgeteilt, dass insbesondere die Aufteilung der Erträge im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch sehr genau geprüft werden.
Seien Sie versichert, dass auch ich die Verhandlungen im Sinne des Verbraucherschutzes kritisch begleiten werde!
Mit freundlichen Grüßen
Gustav Herzog