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Gustav Herzog
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Frage von Theo S. •

Frage an Gustav Herzog von Theo S. bezüglich Finanzen

Guten Tag Herr Herzog,

die derzeitig geplante Erhöhung der Diäten ist abgehoben und zeigt, daß die Abgeordneten den Bezug zur Basis völlig verloren haben.

Die geplante Erhöhung überschreitet bei weitem die durchschnittlichen Lohnerhöhungen im Arbeiter und Angestelltensegment, an dem Sie sich aber bereits jetzt orientieren sollten und nicht erst in ferner Zukunft. So kann ich mir den Eindruck nicht erwehren, daß man sich hier wohlgefällig selbst bedient. Oder womit ist die fast 10 Prozentige Einkommenssteigerung zu begründen ????

Ich erwarte von Ihnen das Sie auf eine "Maßvolle Erhöhung" plädieren und damit das mit tragen was Sie schon seit Jahren von uns Arbeitnehmern verlangen - nämlich "Maßvolle Lohnsteigerungen" Beispielgebend ist die derzeitige Erhöhung nicht.

MfG
T. Schmidt

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Frage nach der Begründung für die vorgeschlagene Erhöhung der Abgeordneten-Diäten in zwei Schritten. Da mich sicher noch weitere Fragen zu diesem Thema erreichen werden, erlaube ich mir, Ihnen an dieser Stelle etwas ausführlicher zu antworten:

Grundlage des vorliegenden Gesetzentwurfs sind die Empfehlungen einer unabhängigen Kommission zu Fragen des Abgeordnetenrechts. Der Deutsche Bundestag hatte sie Ende 2011 einvernehmlich eingesetzt. Auftrag der Kommission war es, Vorschläge für ein transparentes, der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprechendes Verfahren für die Höhe der Abgeordnetenentschädigung und deren zukünftige Anpassung sowie für die Altersversorgung der Abgeordneten vorzulegen. Im März 2013 lag dann der Bericht der Kommission vor. Diesen können Sie im Internet unter www.bundestag.de in der Dokumentensuche finden. Er hat die Nummer 17/12500.

In Bezug auf die Höhe der Diäten ist bereits seit 1995 die Besoldung von Richtern an obersten Bundesbehörden (R6) als Orientierungsgröße im Abgeordnetengesetz geregelt. Dieser Betrag wurde allerdings bislang nie erreicht, da die Abgeordneten des Deutschen Bundestages wiederholt auf eine Erhöhung ihrer Diäten verzichtet haben! So gab es beispielsweise in den Jahren 2003 bis 2007 und 2009 bis 2011 keine Anhebung. Gegenwärtig beträgt die Differenz zwischen der Abgeordnetenentschädigung und der Besoldung von Richtern an obersten Bundesgerichten ca. 830 Euro. Übrigens ist die Höhe der Orientierungsgröße ähnlich der Entschädigung, die Landräte und Bürgermeister mittelgroßer Städte erhalten. Bei Wahlkreisen, die in der Regel etwa 250.000 Einwohner umfassen eine gute Entsprechung!

Die Kommission empfiehlt nun, genau diese Besoldungsgruppe R6 jetzt als Richtwert zu nehmen und dann aber künftige Diätenerhöhungen nicht an den Tarifsteigerungen dieser Gruppe R6 zu orientieren, sondern ab dem 01. Juli 2016 die Abgeordnetenentschädigung entsprechend der Erhöhung des Nominallohnindexes des Statistischen Bundesamtes jährlich anzupassen. Dieser Index erfasst die Entwicklung der Bruttomonatsverdienste aller abhängig Beschäftigten im Bundesgebiet. Zukünftig soll der Bundestag also einmal zu Beginn der Legislaturperiode beschließen, dass die Diäten jährlich entsprechend der Veränderung des Index durch den Bundestagspräsidenten angepasst werden. Damit ist sichergestellt, dass die Abgeordneten an der durchschnittlichen - positiven wie negativen - Einkommensentwicklung teilhaben, ohne dass der Bundestag jedes Jahr einen neuen Beschluss fassen muss.

Mit der viel diskutierten und von Ihnen kritisierten geplanten zweistufigen Erhöhung machen wir also nichts anderes, als eine Orientierungsgröße umzusetzen, auf die wir in den letzten 17 Jahren bereits hätten zurückgreifen dürfen, es aber nicht getan haben. Ein Bild zur Verdeutlichung: Übertragen auf Tarifgefüge in Betrieben der Wirtschaft wäre das so, als hätten Arbeitnehmer 17 Jahre unter dem Gehaltsniveau vom (Haus-)Tarif gearbeitet und würden jetzt in zwei Stufen auf den Tariflohn hochgesetzt. In solch einem analogen Fall käme es auch innerhalb eines Jahres zu einer - im Vergleich zu anderen Betrieben mit kontinuierlichen Tarifzahlungen - hohen Steigerung der Löhne.

Dies zu den Hintergründen der Erhöhung. Des Weiteren möchte ich auch noch einmal auf meine Äußerungen im Wahlkampf verweisen. Beim Thema „Gute Arbeit“ habe ich nicht nur für einen flächendeckenden Gesetzlichen Mindestlohn gekämpft, sondern auch für die Bekämpfung des Missbrauchs von befristeten Arbeitsverhältnissen wie auch von Werkverträgen. Dazu gehört für mich auch eine faire Beteiligung der ArbeitnehmerInnen durch einen anständigen Lohn bzw. Lohnzuwachs. Das handeln die Gewerkschaften (Sie sind Gewerkschaftsmitglied?) mit den Arbeitgebern aus. Wir Bundestagsabgeordnete müssen es nach unserer Verfassung selbst beschließen.

Seit 1998 bin ich Mitglied des Deutschen Bundestages. In den vielen Jahren, in denen es im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage oder aus anderen wohl bedachten Rücksichtnahmen keine Erhöhung der Bezüge gab, habe ich nicht eine einzige Zuschrift erhalten, die das Einfrieren der Diäten als guten Akt der Solidarität gelobt oder sich bei eigenen Forderungen daran orientiert hätte. Das ist für mich in Ordnung. Ebenfalls nachvollziehbar ist, dass ich bislang bei jeder Erhöhung der Bezüge – egal, um welchen Betrag – ein hohe Zahl sehr kritischer Zuschriften bekommen habe. Auch außerhalb der Politik ist es so: Dinge, die im Auge des Betrachters gut laufen, werden nicht mit der gleichen Intensität wahrgenommen und weiterverfolgt wie Dinge, die dem Betrachter missfallen.

Aufmerksame und kritische Bürger wie Sie sind wichtig für die Demokratie und für die „Bodenhaftung“ der Volksvertreter. Als aufmerksamer und kritischer Abgeordneter möchte ich meinerseits nicht mehr und nicht weniger, als Sie auf die Beweg- und Hintergründe hinzuweisen, die unserem Handeln zugrunde liegen und die ganz sicher nicht mit dem Klischee von der „Selbstbedienungsmentalität“ der Abgeordneten übereinstimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Gustav Herzog