Frage an Gustav Herzog von Volker U. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
der örtlichen Tageszeitung vom 13.3.2013 konnte ich entnehmen, daß Sie anläßlich Gerhard Schröders Auftritt in der Fraktion zum 10-jährigen Bestehen der Agenda 2010 von den damals "richtigen, mutigen Entscheidungen" geschwärmt hätten. Wie erklären Sie dies einem Opfer dieser HartzIV-Gesetzgebung, der nach vielleicht 30 Jahren sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit mit Ende 40 kaum noch vermittelbar ist , bereits nach 12 Monaten ALG I auf Sozialhilfeniveau fällt und ggfs. noch zuvor sein angespartes Vermögen-bis auf lächerliches Schonvermögen- verwerten muß?
Oder galt Ihre Euphorie nur dem sehr begrüßenswerten Nein zum Irak-Krieg? Erbitte Ihre Antwort. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Ultes,
bei dem Besuch Gerhard Schröders in der SPD-Bundestagsfraktion, auf den sich Ihre Frage bezieht stand neben dem 10jährigen „Nein“ des damaligen Kanzlers Schröder zum Irakkrieg auch das Thema Agenda 2010 auf der Tagesordnung. Der Termin hat mich vor allem wegen des richtigen und mutigen Neins damals zum Irakkrieg, aber auch aufgrund vieler richtiger Reformen innerhalb des großen Reformpaketes Agenda 2010 sehr selbstbewusst auf die Zeit vor 10 Jahren zurück blicken lassen. Dass ich in meiner kurzen Stellungnahme gegenüber der RHEINPFALZ „geschwärmt“ haben soll, hat mich selber beim Lesen schmunzeln lassen und bezieht sich wie Sie richtig vermutet haben auf den gesamten Termin und insbesondere auf Schröders Entscheidung gegen den Irak-Krieg.
Was die zitierten „mutigen und richtigen Schritte“ angeht, so beziehen sich diese natürlich auch auf die Agenda 2010 und ich möchte an dieser Stelle mal meinerseits Kritik loswerden: medial und in den Köpfen aller Gegner der s.g. Hartz IV-Reform wird die Agenda 2010 grundsätzlich auf das ALG II (Hartz IV) reduziert und damit in Bausch und Bogen verdammt. Die Agenda umfasst aber deutlich mehr und darunter auch unstrittig erfolgreiche Reformen. Denken Sie nur an die UMTS-Zinsersparnismilliarden, die wir für die gesellschaftlich dringend notwendige Ganztagsbetreuung in Kita und Schule vom Bund den Kommunen zur Verfügung gestellt haben- gegen den Widerstand von CDU/CSU und FDP. Ja, auch DAS war Bestandteil der Agenda 2010. Hätten Sie´s gewusst?!
Auch bei der Zusammenlegung der steuerfinanzierten Sozial- und Arbeitslosenhilfe gab es für die Betroffenen (insbesondere die ehemaligen Bezieher der Sozialhilfe) positive Neuerungen: die Öffnung der Arbeitsförderungsmaßnahmen für hunderttausende arbeitsfähige Menschen. Dass die jetzige Bundesregierung die Budgets für diese und andere Maßnahmen der Arbeitsförderung drastisch gekürzt hat, finde ich skandalös!
Ihr kritisiertes Beispiel ist zutreffend und mir aus meiner Wahlkreis-Praxis bekannt. Hier hatten wir in unserer Region eine Reihe guter, flankierender Maßnahmen (z. B. Aufstockung vom ALG II-Bezug) die allerdings im Zuge der oben beschriebenen Kürzungsorgie von Schwarz-Gelb gestrichen wurden.
Was das von Ihnen als „lächerlich“ bezeichnete Schonvermögen angeht, so dürfte der von Ihnen beschriebene arbeitslose Endvierziger etwa 8.000 Euro Bares, zusätzlich auch das für die Altersvorsorge bestimmte Vermögen (insoweit es z. B. als private Rentenversicherung erst mit Beginn des Altersrentenbezuges abrufbar wird), einen angemessenen PKW, eine angemessene Miet- oder selbstgenutzte Eigentumswohnung/Haus behalten. Ich weiß ja nicht, in welchen Verhältnissen Sie leben, aber für mich ist das absolut nicht lächerlich.
Mit freundlichen Grüßen
Gustav Herzog