Frage an Gustav Herzog von Volker U. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
Der "Die Zeit" vom 23.8.2012 habe ich entnommen, daß der Cent-Preis pro kWh-Stunde Stromverbrauch für die energieintensive Industrie 6,08 und für den Privat-Haushalt 25,45 beträgt(Tendenz für Letztgenannte stark steigend). Als Wahlkreisabgeordneter der SPD darf ich Sie fragen, ob Sie dies für gerecht halten und was die SPD ggfs. dagegen zu unternehmen beabsichtigt?
Sehr geehrter Herr Ultes,
vielen Dank für Ihre Frage zu den Strompreis-Entlastungen für die Industrie in Deutschland. Auch ich als SPD-Politiker sehe die Entwicklung der Strompreise und das von Ihnen beschriebene Auseinanderklaffen zwischen den Preisen für Mittelstand und Privathaushalte auf der einen und der Industrie auf der anderen Seite mit großer Besorgnis.
Grundsätzlich halte ich jedoch die Entlastung energieintensiver Industriebetriebe, deren Produktion exportorientiert ist für richtig. Vor allem aufgrund der Energiewende und den damit verbundenen notwendigen Umlagen und Abgaben, die es so bislang nur in Deutschland gibt würde ohne Entlastungen für Teile der Industrie eine Wettbewerbsverzerrung stattfinden. Die Kosten der Produktion würden bei gleicher Umlage in einem Maße steigen, das „Made in Germany“ auf dem Weltmarkt ins Aus schicken würde. Welche Folge das nicht nur für den Standort Deutschland, sondern vor allem für die Arbeitsplätze bedeuten würde, ist klar. Nur zur Erinnerung: Ein Viertel unseres Bruttoinlandsproduktes erwächst aus der industriellen Produktion!
In unserer aktuellen Situation in Deutschland ist jedoch eine von der Schwarz-Gelben Bundesregierung zu verantwortende völlige Fehlsteuerung zu verzeichnen: Nach derzeitige Rechtslage ist die Industrie nach dem Gießkannenprinzip komplett von der EEG-Umlage befreit, völlig unabhängig davon, ob ein Unternehmen im weltweiten Wettbewerb steht oder vorwiegend nationale Absatzmärkte bedient. Zudem ist die Befreiung nicht an das Umsetzen von Maßnahmen zu einer höheren Energieeffizienz gekoppelt. Beides sind gravierende Fehlsteuerungen, gegen die wir offensiv in den entsprechenden Ausschüssen des Deutschen Bundestages vorgehen.
Hier zu Ihrer Information noch weitere Punkte mit Maßnahmen, mit denen die SPD der aktuellen, untragbaren Situation entgegen treten will:
- Privathaushalte sowie kleinere und mittlere Unternehmen dürfen im Rahmen des Umlagesystems nicht für die Befreiung der Industrie herangezogen werden. Vielmehr muss überlegt werden, die Systematik über Steuern, Abgaben etc. zu verändern.
- Sinkende Kosten bei den Großhandelspreisen müssen an die Verbraucher weitergegeben werden statt als überhöhte Gewinne bei den Konzernen hängen zu bleiben. Hier muss der Wettbewerb besser funktionieren.
- Die SPD hat bereits im Wahlprogramm 2009 eine Deutsche Netz AG gefordert, um der öffentlichen Hand einen direkten Einfluss auf den Netzausbau zu verschaffen. Die Netze sind jahrelang vernachlässigt worden. Jetzt wäre die Gelegenheit, um direkten Einfluss auf die Netze zu bekommen, um damit auch Haftungsfragen etc. besser klären zu können.
- Strom, der nicht gebraucht wird, spart Kosten: Maßnahmen besonders im Bereich der Energieeffizienz wie z.B. kostenlose Energieberatung müssen vorangetrieben werden. Abwrackprämien für Elektrogeräte können zudem eine Möglichkeit sein, um einerseits deutsche Unternehmen zu fördern (hohe Effizienz ist hier vorhanden), und um sozialschwächeren Familien die Möglichkeit zu geben, Preissteigerungen durch Einsparungen zu kompensieren.
Auf der Seite der SPD-Bundestagsfraktion im Internet finden Sie bei den Arbeitsgruppen Umwelt und Wirtschaft ebenfalls weitere, ausführliche Papiere zur Energiewende und zu Perspektiven sozialdemokratischer Industriepolitik.
Mit freundlichen Grüßen
Gustav Herzog