Portrait von Gustav Herzog
Gustav Herzog
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Gustav Herzog zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sven R. •

Frage an Gustav Herzog von Sven R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Herzog,

Sie schreiben in Ihrem Standpunkt zum ESM und der Eurorettung: "Neben Frieden, Wohlstand und dem politischen Zusammenwachsen der europäischen Völkergemeinschaft hat die Partnerschaft zwischen den Staaten und die gemeinsame Währung auch viele ökonomische Vorteile gebracht.". AUCH Vorteile.... Der EURO hat Zwietracht und Wut in der europäischen Völkergemeinschaft gefördert. Zudem wurden ökonomische Ungleichgewichte noch verstärkt. Ich glaube, die SPD leidet unter einem kompletten Realitätsverlust!

Die Abgeordneten des Bundestags haben versagt. Sie haben durch die "Rettungen" genau das Gegenteil erzielt: Zorn (insbesondere in Deutschland aber auch durch die verständlichen Auflagen im Ausland) provoziert, deutsche Steuergelder freigiebig verschleudert und dabei keine Sicherheiten verlangt (!!!). Wieso konnte Finnland Sicherheiten für Kredite an Spanien erhalten, Deutschland jedoch nicht?! Was ist mit griechischen Gasfeldern? Ländereien? Immobilien?

Sie schreiben, dass die Neuverschuldung verfassungsrechtlich in den EURO-Ländern verankert werden soll. Ich bitte Sie!! Selbst wenn das geschieht, hat doch die Deutsche Geschichte gezeigt, dass Verschuldungsgrenzen IMMER überschritten werden. Können Sie mir ein Beispiel nennen, in dem eine solche Verschuldungsgrenze in Deutschland jemals funktioniert hat (sei es auf Gemeinde-, Landes-, oder Bundesebene)?

Schon jetzt belasten die gewährten Kredite mit enormen Summen den deutschen Bundeshaushalt. Entsprechende Kürzungen müssen an andere Stelle gemacht werden (Bildung, Infrastruktur). Das ist ein Skandal ohne Gleichen!! Die Forderungen nach "Eurobonds" sind das Sahnehäupchen der SPD, mit dem sie sich endgültig ins Abseits manövriert. Können Sie mir sagen, warum ich für das Versagen Griechischer Politiker (und damit deren Wähler) haften soll!? Warum muss ich das (im übrigen gerade verabschiedete gesenkte) Renteneintrittsalter von 65 Jahren der Franzosen mitfinanzieren?

MfG
Sven Richter

Portrait von Gustav Herzog
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Richter,

entgegen Ihren Unterstellungen leidet die SPD weder unter einem Realitätsverlust, noch hat sie sich mit dem Vorschlag des gemeinschaftlichen Schuldenabbaus ins Abseits manövriert. Aber Danke, dass Sie meine Argumentation gelesen haben.

Zu den inhaltlichen Punkten will ich mich gerne äußern: Ja, Europa und der Euro haben Partnerschaft und Wohlstand gebracht. Dass in der aktuellen Situation nationalistische Parolen das Klima belasten ist leider so. Keinesfalls hat aber der Euro das ökonomische Ungleichgewicht in den Mitgliedsstaaten und der EU vergrößert – dies ist das Ergebnis der jeweils nationalen Wirtschafts- und Sozialpolitiker und der Finanzmärkte, insbesondere der systemrelevanten Banken wie z. B. in Spanien.

Zur sozialen und ökonomischen Dimension des Wohlfahrtgewinnes durch die EU und den Euro empfehle ich einen Rückblick in die beiden letzten Jahrhunderte mit vielen „kleinen“ Kriegen und zwei Weltkriegen. Zählen Sie doch mal die Zerstörung all dieser Menschenleben und auch der materiellen Werte zusammen!!

Deutschland hat kein Steuergeld verschleudert und schon gar nicht freigiebig. Fragen Sie mal den griechischen Arbeitslosen. Was das Merkel-Europa allerdings bis zum Sommer diesen Jahres gemacht hat: einseitig die Staaten kaputt sparen – auf den Schultern der kleinen Leute – anstatt die Reichen und Vermögenden zur Finanzierung heran zu ziehen! Mit unserer Forderung einer Finanzmarkttransaktionssteuer und einem Förderprogramm als Bedingung für die Zweidrittelmehrheit haben wir dem europäischen Kurs eine andere Richtung gegeben!

Da Sie sich so vehement an der SPD abarbeiten: Die Staatsanleihenkäufe der EZB sind tatsächlich ohne Auflagen und von der CDU-Bundeskanzlerin zu verantworten. Unser Modell eines Europäischen Schuldentilgungsfonds hat hingegen klare Kriterien bis hin zum Eingriff in nationale Budgethoheiten!

Mit freundlichen Grüßen

Gustav Herzog