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Frage von Alfred S. •

Frage an Gustav Herzog von Alfred S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Warum müssen Menschen bis 65 Jahre arbeiten um ohne Abzug in Rente zu gehen?
Ich habe mit 14 Jahren angefangen zu Arbeiten bis heute. Nun bin ich Berufskraftfahrer-Personen im Schicht-Dienst. Habe noch nie eine Sozialleistung in Anspruch genommen und bekomme gesagt ich darf (!!!) frühestens mit 63 Jahren mit Abzug in Rente gehen. Mit den 3 Jahren Kindererziehung, die zu Berücksichtigung degradiert wurden, sind das 52 Jahre. Wäre das System umgebaut worden alls die Kassen noch voll waren, Mindestanteil Staat, 80% Eigenanteil wäre ich schon Rentner mit sehr viel höherm Einkommen als ich das jemals von der Rentenversicherung wrwarten darf.
Ich würde mir wünschen in dieser Angelegenheit wären alle Parteien zu einem Dialog bereit und noch mal über die Menschen nachdenken die ihr ganzes Leben gearbeitet haben und mit 60 Jahren aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr so fit sind wie Herr Müntefering meint. Es müßte jedem der 45 Jahre gearbeitet hat freigestellt werden, ob er in Rente gehen will oder weiter Arbeiten. Ich Danke Ihnen im voraus für Ihre Antwort .

Mit Freundlichen Grüßen Alfred Siegel

PS:Bin auch seit über 30 Jahren SPD-Mitglied

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Siegel,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Rente auf Abgeordnetenwatch. Danke auch für die langjährige Mitgliedschaft bei der SPD!

Zur Gesetzlichen Rentenversicherung möchte ich grundsätzlich anmerken, dass sie nach wie vor auf dem Prinzip der staatlich organisierten generationenübergreifenden Gerechtigkeit beruht. Also der Idee, dass die aktuell versicherungspflichtig Beschäftigten das Geld in die Rentenversicherung einzahlen, das den aktuell Renten Beziehenden ausgezahlt wird. Da schon seit den 60ger Jahren eine Verschiebung im Verhältnis zwischen den Einnahmen der Rentenversicherung aus Beiträgen und den Ausgaben für Renten statt gefunden hat, galt es in den Zeiten der Rot-Grünen Koalition, das bewährte, gerechte und stabile System zu erhalten, ohne die Versicherungsbeiträge für die Erwerbstätigen uferlos steigen zu lassen. Daher haben wir beispielsweise die Ökosteuer unter Rot-Grün eingeführt und zweckgebunden- jährlich fließen aus der Ökosteuer allein 8 bis 9% der Ausgaben für Renten als Zuschüsse des Bundes in die Rentenkassen. Der allgemeine Steuerzuschuss des Bundes beträgt weitere 19% der Ausgaben. Man kann also sagen, dass die heutigen Beitragszahler etwa 72% der Renten finanzieren, 28% gehen über Steuern. Für die Erwerbstätigen und die Arbeitgeber konnten wir den Beiträge zur Gesetzlichen Rente bei 19,5% stabilisieren.

Diesem Einnahmebereich steht nun die stetig wachsende Zahl der Leistungsempfänger, sowie die Höhe und die Dauer der Rentenzahlungen entgegen. Seit 1960 hat sich die Lebenserwartung um 10 Jahre erhöht, im Jahr 2030 wird laut Statistischem Bundesamt die Lebenserwartung um weitere 4 Jahre im Vergleich zu heute gestiegen sein. Gleichzeitig verschlechtert sich weiterhin das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern- 1960 lag das noch bei 5:1, 2030 wird es bei 2:1 liegen. Diese Entwicklungen haben verschiedene weitere Reformen notwendig gemacht, die für heutige wie künftige Rentner und Beitragszahler spürbarer sind als z. B. die Steuerzuschüsse mittels Ökosteuer. Am heftigsten umstritten ist da die Anhebung der Altersgrenze auf 67. Auf dieser und anderen Plattformen und in vielen Parteiveranstaltungen habe ich dazu ja auch schon Stellung bezogen.

Neben der „Rente mit 67“ haben wir auch die Stärkung und Förderung zusätzlicher privater Vorsorge (Stichwort Riester Rente) auf den Weg gebracht. Auch das bewährte System betrieblicher Altersvorsorge wird gefördert. Bei der Rente mit 67, von der Sie ja noch nicht betroffen sind haben wir in der Großen Koalition übrigens eine Sonderregelung eingeführt, dass Arbeitnehmer mit 45 Beitragsjahren schon mit 65 und nicht mit 67 volle Altersbezüge erhalten. Eine analoge Regelung für heutige ältere Arbeitnehmer (z. B. Vollbezug mit 63 Jahren) ist schlichtweg nicht finanzierbar. Hingegen haben wir schon lange die Problematik erkannt, dass wir auch heute mehr flexible Übergänge aus dem Erwerbsleben mittels Altersteilzeit und Teilrentenbezuges brauchen. Die SPD hat dazu 2007 ein ganzes Paket an Maßnahmen vorgeschlagen (bei Interesse kann ich Ihnen gerne auf dem Postweg das Eckpunktepapier schicken- sie werden darin einige Ihrer Forderungen wiederfinden!), von denen leider nur wenige von der Union mitgetragen wurden. Dennoch konnten wir aber z. B. erreichen, dass die Hinzuverdienstgrenzen bei Teilrentenbezug attraktiver gestaltet wurden.

Natürlich ist es sinnvoll und notwendig, dass bei steigender Lebenserwartung und wachsendem Standard der Gesundheitsversorgung Arbeitnehmer länger als z.B. 1970 ins Erwerbsleben eingebunden werden. Klar ist aber auch, dass Menschen mit physisch oder psychisch belastenden Berufen nicht so lange arbeiten können wie andere. Daher gibt es nach wie vor die teilweise oder vollständige Erwerbsminderungsrente.

Wenn Sie einen stärkeren Systemumbau zur privaten Vorsorge fordern und davon ausgehen, dass Sie in einem solchen System frühere und höhere Bezüge als im geltenden System erhalten, so muss ich Ihnen widersprechen. Bei einem Verlauf wie dem Ihren ohne längere Unterbrechungen wg Arbeitslosigkeit oder Reha-Maßnahmen ist das Verhältnis Einzahlungen/ Rentenhöhe sehr gut und vor allem: garantiert! Die Ereignisse der Finanz- und Wirtschaftskrise in den USA haben gerade bei den privaten Pensionskassen gezeigt, auf was für tönernen Füßen solche Systeme stehen: Über 15 Monate haben die dortigen privaten, vorwiegend auf Aktien bauenden Kassen über 2 Billionen Dollar verloren, die Deutsche Rentenversicherung Bund hingegen ist weitgehend finanzkrisenstabil.

Mit freundlichen Grüßen

Gustav Herzog