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Frage von Henning B. •

Frage an Gustav Herzog von Henning B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Herzog,

ich wuerde gerne wissen, wie Ihre Position zu den geplanten und unter Experten umstrittenen Internet-Sperren ("Stoppschild" Kampagne) ist? Wie stehen Sie zu der Befürchtung, dass schnell auch andere Inhalte auf die geheime und keiner richterlichen Kontrolle unterliegenden Sperrliste kommen könnten, wie es in anderen europäischen Ländern mit ähnlichem System durchaus der Fall ist (z.B. Dänemark) und somit ein Mittel zur Zensur beliebiger Inhalte durch das BKA geschaffen wird? Kommunizierte Begehrlichkeiten (z.B. aus Hessen, NRW und Bayern und von Seiten der Industrie) gibt es bereits.

Vielen Dank.

MfG.
Henning Bitsch

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Bitsch,

ich danke Ihnen für Ihre Frage zur Problematik der Internetkriminalität und deren Bekämpfung. Sie gibt mir die Möglichkeit, die Thematik zu vertiefen und mich hierzu zu positionieren.

Wie Sie richtig anmerken, ist die Vorgehensweise in der Bekämpfung von Straftaten im Internet auch unter Experten sehr umstritten. Der besonders ekelhafte Bereich der Kinderpornografie macht den Sachverhalt leider nicht einfacher. Er verknüpft einen im Grunde eher trockenen Sachverhalt mit einer hoch emotionalen Ebene, was den Prozess hin zu einer Lösung erschwert. Die meisten Erwachsenen haben eigene Kinder oder wünschen sich zu einem späteren Zeitpunkt eigenen Nachwuchs, zumindest waren wir alle einmal Kind. Daher kann kein Mensch mit gesundem Menschenverstand solche Inhalte im Internet für richtig erachten. Aus diesem Grund ist es ja auch verboten und nun suchen wir nach Möglichkeiten, dieses Verbot auch wirksam umzusetzen.
Aktionismus kann hierbei ein schlechter Ratgeber sein und zudem bietet er unredlichen Interessen ein Trittbrett. Daher ist es notwendig, trotz emotionaler Befangenheit aller, eine sachliche Diskussion um die technische Lösung zu führen und zugleich den Diskussionsprozess zu nutzen, unsere gesellschaftlichen Werte zu stärken.
In den so genannten Internetsperren sehe ich verschiedene Probleme, die es in der Entscheidungsfindung abzuwägen gilt. Zum einen ist es für die Einführung von "Stoppschildern" notwendig, eine entsprechende Kontroll- und Zensurinfrastruktur aufzubauen. Diese wäre nach meinem Kenntnisstand sehr intransparent und stünde außerhalb der parlamentarischen Kontrolle. Ein Zustand, der für mich nicht mit einer demokratischen, rechtstaatlichen Politik in Einklang zu bringen ist. Eine solche Infrastruktur bietet zudem stets eine Angriffsfläche für einen wie auch immer gearteten Missbrauch. Über die tatsächliche Wirksamkeit dieser Sperren kann ich derzeit keine Aussage machen, doch stellt sich mir die Frage, ob hier eine aktive Variante des Vollzugs nicht angebrachter ist.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, auch wenn es gerne so hingestellt wird. Seiten mit kinderpornografischen Inhalten liegen auf Servern, die in Ländern stehen, die ihrerseits Gesetze haben. Daher kann es wirksamer sein, Internetseiten nicht bloß mit "Stoppschildern" abzudecken, sondern stattdessen hinzuschauen, nach zu verfolgen und sie dann von den Servern zu löschen. Auf die wenigen rechtsfreien Räume kann entsprechend politischer Druck ausgeübt werden, tätig zu werden. Hierbei müssen wir uns aber darüber im Klaren sein, dass diese Vorgehensweise eine massive Aufstockung der IT-geschulten Polizeikräfte und eine weitergehende internationale Vernetzung erfordert.

Die Beratungen wurden in meiner Fraktion noch nicht abgeschlossen, so dass ich Ihnen an dieser Stelle nur meine persönlichen Überlegungen zu Ihrer Frage deutlich machen kann. Ich bin mir noch nicht ganz im Klaren, welchen Weg wir zur Bekämpfung der Internetkriminalität einschlagen sollten, wichtig ist aber, dass es ein wirksamer und nachhaltiger ist - mit möglichst wenigen Nebenwirkungen.

Mit freundlichen Grüßen
Gustav Herzog