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Gunhild Böth
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Frage von Beate P. •

Frage an Gunhild Böth von Beate P.

Guten Tag,

ein Bezirk mit nur 35% Wahlbeteiligung: Wie gehen Politiker/innen damit um?
Partizipation und Transparenz: Wie definieren Sie Bürgerbeteiligung und wie Bürgerinformation?
Verlieren Bürger/innen immer mehr Vertrauen in die Politik(er/innen) vor Ort?
Kann dieses Vertrauen zurückgewonnen werden? Ob und was können Politiker dafür tun?
Im Dezember 2010 informierte die Verwaltung die Bezirksvertretung über die bereits erteilte Genehmigung für ein Asphaltmischwerk. Baubeginn, Eröffnung und Betrieb erfolgten rasch und bringen seither noch mehr Geruchs- und Lärmbelastungen, Angst vor lungengängigen Feinstäuben und weiteren Schadstoffen. Kann das Vertrauen schaffen?
In W-Nord wollen Entscheidungsträger und Investor die dort seit vier Jahrzehnten ansässige Musterhausausstellung durch ein Einkaufszentrum am Stadtrand ersetzen. Weicht die Hausaustellung diesem neu geschaffenen Stadtzentrum, verlieren wir echten regionalen Mehrwert!/Wertschöpfungspotential für die gesamte Region - inkl. benachbartem Ennepe-Ruhr-Kreis! In unseren Köpfen hier hat die regionale Energiewende längst begonnen! Effizienz, Erneuerbare Energien, Einsparen, eMobilität: Die Aussteller wollen Planungssicherheit, um zu investieren –HIER! Wer verantwortet das der Region aus der Nicht-Weiterentwicklung der Hausausstellung zum Bau- & Energiekompetenzzentrum entgehende Potential zu Vernetzung und Wissenstransfer?
Wir haben eine sehr vielversprechende Perspektive: Diese Chancen erkennen und nutzen kann Wuppertal/die Region aber nur mit Unterstützung des Landes!
Ob und wie greifen hier möglicherweise kommunale Planungshoheit und Lenkungsfunktion des Landes ineinander?

Angesichts der bis zur Wahl nur noch verbleibenden kurzen Zeitspanne bitte ich um Ihre Antwort nicht mehr vor der Landtagswahl, würde mich aber über Ihre Stellungnahme danach sehr freuen.

Beste Grüße aus W-Nord
Beate Petersen

Portrait von Gunhild Böth
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Petersen,

Ihre Frage erreichte mich leider erst gestern Abend, als ich von Wahlkampfterminen zurückkam - und leider noch weiter musste. Ich versuche auf jeden Fall, Ihnen eine kurze Rückmeldung zu geben, da ich seit langem beobachte, wie die Bürgerinnen und Bürger sich von "der Politik" im Stich gelassen fühlen.

Wir, die Fraktion DIE LINKE im Landtag, haben dafür gesorgt, dass mehr Bürger/innenbeteiligung auf den Weg gebracht wurde, nämlich erst einmal die Abwahl der Oberbürgermeister/innen. Das war vorher nämlich gar nicht möglich, was ein Skandal war.
Das genügt natürlich nicht! Und ich will Sie damit auch nicht abspeisen; aber die Probleme, die Sie ansprechen, liegen auch (nicht nur) darin, dass in Wuppertal eine sehr merkwürdige Koalition aus SPD-CDU Pläne durchzieht, die auf Landesebene von beiden Parteien niemals in dieser Art gemeinsam verabschiedet würden:
Planung von Einkaufszentren: Auch DIE LINKE hat den Eindruck, dass hier ein Verwirrspiel betrieben wird; einerseits sind SPD und Grüne für eine Energiewende und wollen all das fördern, was Sie zu Recht aufzählen (und was es in der Fertighausausstellung gibt). Diese Projekte würden sicherlich als Vorzeigeobjekte von der Landesregierung präsentiert, wenn sich nicht die lokale SPD anders entschieden hätte und mehr Gewerbesteuereinnahmen generieren wollte durch den Ikea-Park. Dann kritisieren SPD und CDU in Wuppertal aber gleichzeitig, dass Remscheid (unter SPD-Oberbürgermeisterin) das gleiche Spiel versucht.

Insgesamt ist das doch deshalb Blödsinn, weil es keine ordentliche regionale Planung gibt, sondern jede Kommune für sich plant, um die Nachbarkommune möglichst auszustechen, indem der Nachbarkommune Kaufkraft und damit Gewerbesteuer abgezogen wird(denken Sie nur an die verkaufsoffenen Sonntage), damit die eigene Gewerbesteuer steigt.

Insofern reicht es hier meines Erachtens nicht aus, dass die Landesplanung "einschreitet", sondern wir brauchen eine andere Art der kommunalen Steuereinkünfte: Die Einnahmen der Kommunen müssen nicht nur insgesamt vom Land erhöht werden (über einen höheren Verbundsatz für die Kommunen), sondern diese Art der Gewerbesteuererhebung, die Konkurrenz unter den Kommunen säht und zu solchen Absonderlichkeiten führt, muss verändert werden! In den letzten Jahrzehnten haben sich nämlich Kommunen gegenseitig unterboten beim Gewerbesteuersatz, um in Konkurrenz zu anderen Kommunen "bessere Standortfaktoren" für neue Betriebsansiedlungen zu bieten. Jetzt sind diese Zeiten für Wuppertal vorbei, aber Haan z.B. bietet deutlich niedrigere Gewerbesteuern. Also ist abzusehen, wie sich die Konkurrenzsituation weiter entwickeln wird.

Weil die Gewerbesteuer aber die einzige wirklich große Einnahmequelle für die Kommune ist, die sie selbst beeinflussen kann, hat die von Ihnen beschriebene abstruse Situation (Vorantreiben der Energiewende durch die Fertighausausstellung ./. umsatzstarkes Möbelhaus)ihre Ursache in dieser "Logik" der Gewerbesteuer. Deshalb setze ich mich für eine Änderung des Systems ein. Das Gleiche gilt wohl auch für die Genehmigung des Asphaltmischwerks.

Allerdings kann ich Ihnen nur versprechen, dass DIE LINKE bei Wiedereinzug in den Landtag diese Fragen angehen wird - und ich mich persönlich für diese Probleme der Wuppertaler/innen einsetzen werde, denn manchmal reicht es auch, wenn die Opposition immer und immer wieder den Finger in die Wunde legt.

Mit freundlichen Grüßen

Gunhild Böth