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Gunhild Böth
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Frage von Martin S. •

Frage an Gunhild Böth von Martin S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Böth,

1. Ist ihnen bekannt, dass die Kommunen auch ohne den Stärkungspakt, der sie nach ihren Aussagen bei "Annahme des Geldes [zwingt], weitere horrende Kürzungen vorzunehmen" gezwungen wären im Rahmen des Nothaushaltsrechtes in gleicher Weise Kürzungen vorzunehmen, mithin der Unterschied zwischen der Situation mit und ohne Stärkungspakt nur darin besteht, dass Wuppertal ohne den Stärkungspakt die gleichen Maßnahmen mit 72 Mio. Euro weniger im Jahr leisten müsste.
2. Bitte teilen Sie mir mit, wo genau festgeschrieben ist, dass der kommunale Anteil der Schulbücher festgeschrieben ist und welche Höhe der kommunale Anteil hat.

Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Schmittkamp

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schmittkamp,

1. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, unterliegt die Stadt Wuppertal bereits seit längerem dem Nothaushaltsrecht, was bedeutet, dass sie ihren Haushalt bei der Bezirksregierung genehmigen lassen muss bzw. über jede "freiwillige" Leistung und jede Pflichtleistung (in Umfang und Ausgestaltung) mit der Kommunalaufsicht, d.h. mit der Bezirksregierung, verhandeln muss, da sie deren Zustimmung zum Haushalt braucht.

Die bisherige Praxis der Bezirksregierung sah aber nicht so aus, dass die Stadt keine weiteren Schulden gemacht hätte. Die Bezirksregierung sieht nämlich sehr wohl, dass es sich bei der jährlichen städtischen Neuverschuldung um ein strukturelles Defizit handelt, d.h., dass die Stadt bei Erledigung ihrer Aufgaben gar nicht anders kann als Kredite aufzunehmen. Eine Stadt hat nämlich auch ganz bestimmte gesetzliche Verpflichtungen!

Der Stärkungspakt knüpft die Geldzuwendung an eine andere Bedingung: einen ausgeglichenen Haushalt bis 2016 zu schaffen - also ohne Neuverschuldung! Das gab es bisher im Nothaushaltsrecht nicht!
Nun will ich natürlich auch nicht, dass die Stadt immer weiter in der Schuldenspirale abwärts rutscht, in der sie bereits steckt, aber ich will auch nicht, dass Wuppertal weitere Kürzungen vornimmt. Deshalb hat DIE LINKE die Auslagerung der kommunalen Schulden vorgeschlagen, wie ich es bereits zuvor bei Abgeordnetenwatch erläutert habe. Weitere Kürzungen beim Personal, bei städtischen Leistungen und die Erhöhung von Steuern und Gebühren ruinieren doch Wuppertal immer weiter! Dagegen gilt es vorzugehen! Deshalb benötigt Wuppertal wie alle anderen Kommunen höhere Schlüsselzuweisungen, wozu auch das Land mehr Steuereinnahmen benötigt: Daher müssen z.B. Millionäre mit einem Barvermögen über 1Mio.€ mit 5% (ab dem ersten Euro über der Mio.) besteuert werden. Das käme dem Land mit ca. 16 Milliarden € zu Gute. Wenn man bedenkt, dass der Landeshaushalt "nur" 55 Mrd.€ umfasst, weiß man, dass es sich um ein "schönes Sümmchen" handelt - und den Millionären tät es noch nicht einmal weh! Weitere Steuervorschläge können Sie in unserem Programm nachlesen.

2. Zu den Schulbüchern finden Sie im Paragraphen 98 Schulgesetz, dass die Lernmittel den Schüler/innen "unentgeltlich überlassen" werden, dass der Schulträger diese stellt und die Eltern einen Eigenanteil von max. einem Drittel am Durchschnittsbetrag für das Schuljahr zahlen müssen. Den "Durchschnittsbetrag" pro Schuljahr und Klassenstufe setzt das Schulministerium fest, so dass es also nicht im Benehmen der Stadt Wuppertal steht, darüber zu entscheiden! Insofern ist das eine widerrechtliche Kürzung! Das Schulgesetz (98) habe ich hier angefügt, damit Sie es "im Original" nachlesen können.

Schulgesetz Paragraph 98

(1) Den Schülerinnen und Schülern der öffentlichen Schulen und Ersatzschulen werden vom Schulträger nach Maßgabe eines DURCHSCHNITTSBETRAGES abzüglich eines Eigenanteils von der Schule eingeführte Lernmittel gemäß § 30 zum befristeten Gebrauch unentgeltlich überlassen. In Ausnahmefällen können ihnen, soweit dies wegen der Art der Lernmittel erforderlich ist, diese zum dauernden Gebrauch übereignet werden.

(2) Der DURCHSCHNITTSBETRAG entspricht den durchschnittlichen Aufwendungen für die Beschaffung der in einem Schuljahr oder an Berufskollegs für den Bildungsgang insgesamt erforderlichen Lernmittel. Die Überschreitung von Durchschnittsbeträgen in einzelnen Klassen (Stufen, Kursen, Semestern) einer Schule ist zulässig, wenn ein Ausgleich innerhalb der Schule gewährleistet ist und der Gesamtrahmen der festgesetzten Durchschnittsbeträge nicht überschritten wird.

(3) Der EIGENANTEIL bestimmt den Anteil, bis zu dem die Eltern verpflichtet sind, Lernmittel nach Entscheidung der Schule auf eigene Kosten zu beschaffen. Der Eigenanteil darf ein DRITTEL des Durchschnittsbetrages NICHT überschreiten. Der Eigenanteil entfällt für Empfängerinnen und Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Über weitere Entlastungen vom Eigenanteil entscheidet der Schulträger in eigener Verantwortung.

(4) Besuchen Schülerinnen und Schüler mit Hauptwohnung in Nordrhein- Westfalen eine außerhalb des Landes gelegene öffentliche Schule oder staatlich genehmigte Privatschule, so werden ihnen die entstandenen Lernmittelkosten in entsprechender Anwendung der für Schulen innerhalb des Landes geltenden Bestimmungen zu Lasten des Landes von der Wohnsitzgemeinde erstattet, wenn die besuchte Schule die nächstgelegene im Sinne des Schülerfahrkostenrechts ist und ihnen in der Schule außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen keine Lernmittelfreiheit gewährt wird.

(5) Das MINISTERIUM SETZT im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium durch Rechtsverordnung den Durchschnittsbetrag und die Höhe des Eigenanteils FEST, bis zu dem Lernmittel auf eigene Kosten zu beschaffen sind.

In der Hoffnung, umfänglich auf Ihre Frage geantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen

Gunhild Böth