Frage an Günther Scholz von Andreas D. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Herr Dr. Scholz,
ich habe beim Durchsehen der Wahllisten der Freien Wähler festgestellt, dass Sie als Direktkandidat für die Freien Wähler im Wahlkreis 34 aufgestellt wurden.
Auf Grundlage der Satzung der Freien Wähler § 4 Abs 1 Punkt f verpflichten sich die Freien Wähler, keine ehemaligen Mitrabeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR als Mitglieder aufzunehmen.
Nun meine Frage:
Sind Sie Mitglied der Freien Wähler ? Und ist meine Information richtig, dass Sie 1991 bereits Ihr damaliges Landtagsmandat für die PDS (heute Die Linke) zurückgegeben haben, da alle Mandatsträger auf die Mitarbeit beim MfS der DDR überprüft wurden?
Mit freundlichen Grüßen
A. Dorn
Sehr geehrter Herr Dorn,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich für berechtigt halte, denn die Wählerinnen und Wähler sollen sich sachkundig ein Bild von den Kandidaten machen können, die in den Wahlkreisen zur Wahl stehen.
Ihre Information ist richtig, dass ich 1991 mein damaliges Landtagsmandat zurückgegeben habe. Wenn Sie sich meinen Lebenslauf bzw. meinen beruflichen Werdegang vor 1990 anschauen (u.a. Auslandstätigkeit mit Sprachintensivausbildung, Chefredakteur einer wissenschaftlichen Zeitschrift, hauptamtlicher Bürgermeister von 1987 bis 1990), dann waren damit auch zwangsläufig Kontakte und Verbindungen mit dem MfS indiziert.
Diese Tätigkeit habe ich vor dem damaligen Sonderausschuss des Landtages offengelegt. Im Ergebnis habe ich in politischer und moralischer Verantwortung mein Mandat niedergelegt.
Andere Abgeordnete des Landtages (u.a. der CDU, der PDS und der FDP, deren Namen ich nicht nennen muss, da Sie sicher auch hierüber informiert sind), haben dies so nicht getan.
Ich hätte mich damals auch auf die Position zurückziehen können, dass durch meine Tätigkeit niemand zu Schaden gekommen ist. Aussitzen wäre möglich gewesen. Dies habe ich aus persönlicher Verantwortung nicht getan, weil m.E. jegliche Mitarbeit mit dem MfS letztlich auch als Mosaiksteinchen bzw. Rädchen zum Funktionieren des damaligen Machtsystems beigetragen hat. Insofern trage ich persönliche Schuld.
Wie kann man eine solche Schuld abtragen?
M.E. doch nur durch Konsequenzen, durch Offenlegung, zum anderen aber auch durch objektive Aufarbeitung. Durch meine Arbeit nach dem Mandatsverzicht, zu dem ich von vielen Seiten Respekt und Anerkennung erfahren konnte, habe ich mich der Verantwortung und weiteren Überprüfungen seit mehr als 20 Jahren u.a. beruflich und in meiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister und Gemeinderatsmitglied gestellt. Dies ist alles bekannt. In der Presse wurde hierüber mehrfach berichtet.
Im Halleschen Express werden Sie bereits 1991 die Meldungen hierzu finden, so u.a. in der Schlagzeile "Ex-Bürgermeister von Teutschenthal gestand MfS Kontakte".
1993 wurde ich von der Gemeindevertretung Teutschenthal einstimmig zum Bürgermeister der Gemeinde Teutschenthal gewählt. Der Vorschlag hierzu kam von der CDU-Fraktion. Die Bildzeitung titelte entsprechend.
Sie werden sicher mit mir darin übereinstimmen, dass ich Geschehenes nicht rückgängig machen kann, jedoch durch eigenes Handeln zur Wiedergutmachung beitragen kann.
Dass ich von den Freien Wählern, zu denen ich gehöre, für die Kandidatur vorgeschlagen wurde, zeigt jedenfalls Vertrauen, dass mir entgegengebracht wird. Die Wähler meines Wahlkreises werden letztlich entscheiden müssen, ob das erarbeitete Vertrauen gerechtfertigt ist und sie mir ihre Stimme geben können.
Nach der mir zugegangenen e-mail können Sie leider im Wahlkreis 34 Ihre Stimme nicht abgeben, da Sie aus Heimburg stammen (Heimburg liegt nach der mir vorliegenden Wahlkreiseinteilung im Wahlkreis 15). Ich gehe aber davon aus, dass Sie am 20. März d.J. zur Wahl gehen werden und sachkundig entscheiden.
Mit freundlichen Grüßen
Günther Scholz