Frage an Günter Gloser von Martin S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Gloser,
wie ist ihre Position beim Thema gesetzliche Mindestlöhne?
Ich frage mich schon länger warum diese Regierung keinen Mindestlohn einführt, nur weil er von der Union blockiert wird?
Ist der Bundesregierung nicht bekannt das die BRD die EU- Sozialcharta schon vor Jahrzenten unterzeichnet hat? Wenn doch, warum wird dann den Arbeitnehmern ein existenzsichernder Mindestlohn in Deutschland verwehrt?
Die EU- Sozialcharta gilt doch als einfaches Bundesgesetz in Deutschland, warum wird dieses nicht in nationales Recht umgesetzt?
Warum schiebt Herr Müntefering als Arbeitsminister ständig die Verantwortung den Tarifpartnern zu, also den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden? Ist es nicht Aufgabe der Regierung bei offensichtlicher Schwäche der Gewerkschaften gegenüber den Arbeitgeberverbänden einen Mindestlohn einzuführen?
Für ihre Antwort danke ich Ihnen im voraus!
Mit freundlichen Grüssen
Martin Stopfer
Sehr geehrter Herr Stopfer,
ich danke Ihnen für Ihre Frage.
Die Einführung eines Mindestlohns ist nach meiner Einschätzung dringend notwendig. Allerdings spreche ich mich gegen einen branchenübergreifenden, einheitlichen Mindestlohn aus. Sollten sich die Tarifpartner nicht auf Mindestlöhne einigen können, plädiere ich dafür, dass wir prüfen, ob das Arbeitnehmer-Entsendegesetz nicht auf die entsprechenden Branchen ausgeweitet werden kann.
Für diejenigen Branchen, in denen es keine Tarifverträge gibt, diese nicht greifen oder in denen die Tariflöhne die Armutsschwelle unterschreiten, will die SPD einen gesetzlichen Mindestlohn einführen. Diese Position teile ich voll und ganz. Dieser gesetzlich festgelegte Mindestlohn soll sich an den Verhältnissen in vergleichbaren europäischen Ländern orientieren und bei Vollbeschäftigung eine eigenständige Existenzsicherung gewährleisten.
Das Thema Mindestlohn ist für viele Mitglieder der CDU/CSU und für die Arbeitgeber nach wie vor ein Reizthema. Als Begründung für eine Ablehnung eines gesetzlich verankerten Mindestlohns wird angeführt, dass mindestens zwei Millionen Arbeitsplätze verloren gehen könnten, Investoren verschreckt und in Deutschland ansässige Unternehmen abwandern würden. Die Erfahrungen anderer europäischer Staaten (immerhin gibt es in 20 von 27 EU-Mitgliedstaaten Mindestlöhne) zeigen jedoch, dass diese Schreckensszenarien jeder Grundlage entbehren und ein gesetzlicher Mindestlohn nicht zu Beschäftigungseinbrüchen führt.
Immerhin ist unser Koalitionspartner für eine Ausweitung tariflicher Mindestlöhne über das Entsendegesetz offen. Daher sollten wir an diesem Punkt ansetzen und nach einer für alle vertretbaren Regelung suchen. Ich halte eine Lösung dieser Frage für überfällig und hoffe, dass wir uns in der Koalition so bald wie möglich auf ein Konzept einigen können.
Mit freundlichen Grüßen
Günter Gloser