Frage an Günter Gloser von Regine F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Gloser,
ich fordere Sie dringend auf, gegen die Gesetzesvorlage zur Vorratsdatenspeicherung zu stim- men. Ich bin wahrlich kein Sicherheitsfanatiker, aber das letzte bißchen Anonymität muß gewahrt bleiben. Wir sind ohnehin ein totaler Überwachungsstaat über alle Maßen hinaus! Die derzeiti- gen Verstöße der unionsgeführten Politik gegen Gesetze sind ein Hohn gegen das Volk, das diese Damen und Herren eigentlich vertreten soll. Zudem sollen die Verstöße am Volk vorbei so unbemerkt wie möglich realisiert werden. Zu nennen ist u.a. die Gesetzesvorlage zur Vorratsda- tenspeicherung. Noch wesentlich schlimmer und kaum noch steigerungsfähig empfinde ich den ESM-Vertrag, der die Finanzautonomie unseres Staates komplett aushebelt und unser Volk ent- gegen des mit der Einführung des EURO verankerten Stabilitätspaktes, keine Haftung für EU- Staaten in der Krise zu übernehmen, eben doch hemmungslos zur Haftungsübernahme zwingt. Es kann doch nicht wahr sein, daß unsere Volksvertreter so einen Vertrag durchwinken. Hier steht ohnehin nur noch dem Bundesrat die Möglichkeit zu, diesem Vertrag die Zustimmung zu verweigern.
Griechenland ist es mit einer höchst kriminellen Bilanzfälschung in die Eurozone aufgenommen worden. Wie war so etwas möglich, wo doch hochbezahlte Sachverständige die Einhaltung der Kriterien überwachen sollten? Wieso wird keiner der Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen für das vollständige Versagen? Und wie will die Politik uns erklären, warum wir hart arbeitenden Deutschen für die illiquiden Länder Europas aufkommen sollen bzw. uns selbst ins finanzielle Elend zu stürzen, denn sofern der ESM-Vertrag so abgesegnet durchgeht, wird sehr wahrschein lich genau das passieren! Aber klar, niemand aus der Politik brauchte sich je zu rechtfertigen, geschweige denn, daß jemals einer zur Verantwortung gezogen wurde.
Für eine Beantwortung bzw. Meinungswiedergabe bedanke ich mich vorab ganz herzlich.
Freundliche Grüße
Regine Fuchs
Sehr geehrte Frau Fuchs,
als Außenpolitiker bin ich kein Experte für Fragen der inneren Sicherheit. Seitens der SPD-Fraktion hat aber meine Kollegin Christine Lambrecht die Verschleppung des Themas „Vorratsdatenspeicherung“ durch die Bundesregierung deutlich kritisiert:
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,56952,00.htm
Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich der Thematik angenommen und sie unter anderem in einer parlamentarischen Anfrage an die Bundesregierung hinterfragt. Fragen und Antworten finden sie hier:
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,14944,00.pdf
Einen „totalen Überwachungsstaat“, wie sie befürchten plant die Bundesregierung definitiv nicht. Datenzugang bekämen Ermittlungsbehörden in Deutschland nur in begründeten Einzelfällen und erst nach vorliegendem richterlichen Beschluss! Unser Rechtsstaat hat die Verpflichtung, den Bürgern, die Opfer von Kriminalität geworden sind, auch mit Hilfe der Auswertung von begrenzt gespeicherten Daten Gerechtigkeit zukommen zu lassen, wenn dies in Einzelfällen erforderlich ist. Wie gesagt, es gilt ja der Richtervorbehalt!
Zum ESM:
Es ist zweifelhaft, wie diese neuen Maßnahmen ohne Aufstockung des Fonds finanziert werden sollen. Außerdem blieben die Staats- und Regierungschefs auf halbem Wege stehen. Nach meiner Auffassung bietet letztlich nur eine gemeinschaftliche Kreditaufnahme durch die Einführung von Eurobonds einen effektiven Schutz vor der Ausbreitung der Krise auf andere Euro-Staaten.
Die Positionen der SPD und der französischen Schwesterpartei PS zur Behebung der aktuellen Eurokrise haben ihre beiden Vorsitzenden in einem gemeinsamen Papier verfasst. Diesem Papier, das als Konsequenz eine europäische Wirtschaftregierung fordert, schließe ich mich an:
http://www.spd.de/linkableblob/13156/data/20110621_erkl_spd_ps.pdf
Wer glaubt, die Staaten Europas könnten angesichts des zunehmenden globalen Wettbewerbs mit China, den USA und den Schwellenländern finanzpolitisch und ökonomisch künftig als Einzelne für sich bestehen, der verkennt die Realität auf dem Weltmarkt.
Die Rolle der Spekulanten an den Finanzmärkten beim Zustandekommen der Eurokrise wird von Ihnen nicht erwähnt, ebenso nicht der unübersehbare große Vorteil für die Exportnation Deutschland, seine Exporte nicht in einer teuren und überbewerteten nationalen Währung, sondern zum größten Teil im immer noch stabilen Euro zu einem bezahlbaren Preis veräußern zu können. Schauen sie sich die gegenwärtigen großen Probleme der Schweizer Exportwirtschaft angesichts des überbewerteten Franken an und Sie wissen, wovon ich rede.
Ihre Einschätzung, dass in der Vergangenheit bei der Bewertung der finanziellen Solidität Griechenlands schwere Verstöße vorgekommen sind, teile ich und kritisiere dies ebenso.
Die pauschale Unterstellung, dass sich niemand aus der Politik je rechtfertigen müsste, kann ich als jemand, der in permanentem Austausch mit seiner Wählerschaft steht und sich alle vier Jahre um Stimmen der Wahlbürger bemüht, selbstverständlich nicht mittragen.
Mit freundlichen Grüßen
Günter Gloser