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Günter Gloser
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Frage von Bernhard M. •

Frage an Günter Gloser von Bernhard M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Gloser,

in den letzten Tagen wurden in Ägypten Gebäude der Staatssicherheit von der Bevölkerung gestürmt; u.a. um der Vernichtung belastender Akten zuvorzukommen. Die Berge von Papierschnipseln, die man dort vorgefunden hat, wecken nicht zufällig an die Situation nach der Besetzung der StaSi-Behörden in Deutschland 1989. Die Akten, die zum Teil noch intakt, zum Teil nur in Streifen sichergestellt werden konnten, sind für die Aufarbeitung der ägyptischen Geschichte von mindestens ähnlicher Bedeutung wie die StaSi-Akten für Deutschland.

Deutschland war nicht unbeteiligt daran, dass die ägyptische Staatssicherheitsbehörde so viele Informationen sammeln konnte. Deswegen wäre es nur gerecht, wenn Deutschland sich auch an der Aufarbeitung dieser Akten im Rahmen der Demokratisierung beteiligen würde. Das technische Know-How, das die BStU bei der Rettung der StaSi-Unterlagen erarbeitet hat, wäre eine gute Grundlage für eine solche Zusammenarbeit.

Bitte setzen Sie sich im Auswärtigen Ausschuss dafür ein, das ägyptischen Volk beim Aufbau seiner Demokratie zu unterstützen, indem Deutschland Geräte, Software, fachliche Unterstützung und Schulungen zur Rekonstruktion zerstörter Dokumente anbietet.

Mit freundlichen Grüßen,

Bernhard Münzer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Münzer,

vielen Dank für Ihre Nachricht über Abgeordnetenwatch.de. Ich stimme Ihnen zu: Es liegt nahe an die Stürmung der Stasi-Zentrale zu denken, wenn wir die Nachrichten aus Ägypten hören. Und natürlich liegt es auch nah, Ägypten vor dem Hintergrund der deutschen Erfahrungen technisch und administrativ zu unterstützen. Das haben wir, die SPD-Bundestagsfraktion, in den letzten Wochen auch mehrmals gefordert, unter anderem im Antrag „Reformprozesse in Nordafrika und Nahost umfassend fördern“, den Sie auf den Seiten des Bundestages nachlesen können:

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/048/1704849.pdf

Wir stehen darüber hinaus in sehr engem Austausch mit ägyptischen Vertretern sowohl der Übergangsregierung als auch der Opposition. Der Tenor der Gespräche ist meist, dass nun zunächst die Ägypter ihre eigenen Probleme lösen müssen. Und in der Tat sind viele Fragen noch nicht geklärt und der Übergang zu einem demokratischen System ist noch keineswegs gesichert. Die staatlichen Strukturen auch im sehr umfangreichen Sicherheitsapparat sind nach wie vor vorhanden und werden sich sicher nicht bereitwillig selbst auflösen.

Auch die genaueren Interessen und Ziele der Oppositionsbewegung, die sich noch gar nicht in festeren Organisationsformen finden konnte, sind noch nicht bekannt. Auch gibt es noch keine glaubwürdigen Führungsfiguren, die gegenüber dem Ausland den Bedarf Ägyptens an Hilfe und Unterstützung formulieren könnten. Und aus unserer deutschen Erfahrung wissen wir, wie kontrovers gerade der Umgang mit Stasi-Akten auch bei uns bis heute diskutiert wird. Es gibt hier also auch keine Patentlösung, die wir schnell weitergeben könnten.

Dennoch begrüße ich Ihren Anstoß und werde mich dafür einsetzen, dass die Erfahrung Deutschlands im Umgang mit den Stasi-Akten weitergegeben werden, damit Ägypten auch vor diesem Hintergrund seinen eigenen Weg zum Umgang mit diesem schwierigen Thema kann.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Günter Gloser