Frage an Günter Gloser von Rainer F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Grüß Gott, Herr Gloser,
nun will ich doch auch mal die Möglichkeit von Abgeordnetenwatch nutzen, um Sie zu fragen, was die SPD und Sie als Europapolitiker zu den beabsichtigten Schritten der ungarischen Regierung zur Verschärfung des Presserechts (bzw Abschaffung der Pressefreiheit) zu tun gedenken.
Das passiert ja nicht in Venezuela oder Russland (na ja, Italien ist da leider auch kein gutes Beispiel), sondern in einem Staat der EU, der im nächsten halben Jahr den Vorsitz in der EU übernimmt. Von solchen Regierungsvertretern fühle ich mich als Europäer nicht bzw. schäbig repräsentiert.
Ich nehme an, Sie teilen mit allen demokratischen Parteien Deutschlands und Europas meine Empörung über die geplanten Maßnahmen.
Diese Vorhaben passen in keine Zeit - auch nicht in diese Adventszeit. Ich gehe davon aus, dass die europäischen Institutionen sich hier deutlich dagegen aussprechen.
Ihnen und Ihrer Familie wünsche ich friedliche und ruhige Weihnachtstage und ein gesundes und glückliches Neues Jahr 2011
herzliche Grüße
Ihr Rainer Fricke
Sehr geehrter Herr Fricke,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Berichte über die Verschärfung des Presserechts habe auch ich mit größter Sorge zur Kenntnis genommen. Die Untergrabung der Freiheit der Presse – unter welchem Vorwand auch immer – stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Bürger auf Information dar und gefährdet letztlich das Funktionieren der Demokratie.
Leider ist es um das Funktionieren der parlamentarischen Demokratie in Ungarn in den letzten Jahren insgesamt nicht gut bestellt. Als Demokraten akzeptieren wir selbstverständlich jedes Ergebnis von freien Wahlen. Mit großer Sorge habe ich aber beobachtet, dass die politische Auseinandersetzung sich schon lange vor den letzten Wahlen am 11. und 25. April 2010 aus dem Parlament auf die Straße verlagert hat. Die bis April regierenden Sozialisten hatten durch verschiedene Skandale dramatisch an Unterstützung eingebüßt. Der Protest gegen ihre Regierung wurde aus dem Parlament auf die Straße verlagert. Für die jetzt regierende Fidesz und auch die Rechtsradikalen von „Jobbik“ hat sich diese Taktik vordergründig ausgezahlt. Bei den Wahlen haben beide Parteien zugelegt, die Fidesz hat sogar mehr als 2/3 der Sitze im Parlament errungen und kann nun die Verfassung im Alleingang ändern. Die in der Presse berichteten Änderungen im Pressegesetz wurden dadurch überhaupt erst möglich.
Ich gehe davon aus, dass es auch im Bundestag zu klaren Stellungnahmen in Form von Anträgen kommen wird. In der Arbeitsgruppe Außenpolitik der SPD-Bundestagsfraktion werde ich mich in jedem Falle in diesem Sinne engagieren.
Ihr
Günter Gloser