Portrait von Günter Gloser
Günter Gloser
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Günter Gloser zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Martin H. •

Frage an Günter Gloser von Martin H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Gloser,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Antwort vom 9.9.2010, zu der ich eine Nachfrage habe: Sie behaupten ohne Beleg: "Der iranische Präsident Ahmadineschad hat immer wieder gesagt, dass er selbst zu militärischer Gewalt gegen Israel und westliche Staaten bereit ist". Mir ist aber nicht bekannt, dass Ahmadinedschad mit einem Angriff auf ein anderes Land gedroht hätte (der Iran hat seit über 200 Jahren kein anderes Land angegriffen, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Irans#Die_Neuzeit ), während die Drohungen gegen den Iran seit Jahren auf der Tagesordnung stehen. Tatsächlich erkennt der Iran (wie die meisten anderen muslimischen Länder) das Existenzrechts Israels nicht an, aber Ahmadinedschad hat auch Israel nie mit einem Angriff gedroht (sondern etwa in der berühmtesten Aussage lediglich das Verschwinden des ethnisch diskriminierenden zionistischen Systems vorausgesagt, vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Mahmoud_Ahmadinejad_and_Israel#Clarifying_comments_by_Ahmadinejad ).

Meine Fragen sind:
(i) Sind Ihnen konkrete Gewalt-Drohungen eines iranischen Spitzenpolitikers gegen ein anderes Land bekannt?

(ii) Da der Iran immer wieder von außen angegriffen wurde (1953 durch USA und Großbritannien, 1980 durch den prowestlichen Irak), und da von westlichen Politikern immer wieder sehr konkrete Drohungen eines erneuten Angriffs auf den Iran geäußert werden, müssten wir nicht besonderes Verständnis für ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis des Iran haben, bis hin zum Verständnis für das Bestreben, aus Gründen der Stabilität und des Friedens auch Atomwaffen zu erwerben (die prowestliche Länder der Region wie Pakistan und Israel besitzen)?

Mit bestem Dank,
Ihr
Martin Haspelmath

Portrait von Günter Gloser
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Haspelmath,

was Ihre Frage nach einem Beleg angeht, verweise ich auf die breite Berichterstattung über die Ablehnung des Friedensprozesses zwischen Israel und den Palästinensern durch Präsident Ahmadinedschad. Auch die direkte Aufforderung an die Palästinenser, den Kampf gegen Israel fortzusetzen und die Drohung mit militärischen (Gegen-)Schlägen, sind zum Beispiel im Magazin Focus dokumentiert:

http://www.focus.de/politik/ausland/nahost/israel-ahmadinedschad-schuert-den-hass_aid_548480.html

Die Diskussion, ob die Ankündigung des "Verschwindens von der Landkarte" eine Drohung enthält oder nicht, halte ich für zynisch und irregeleitet.

Dass die Mehrzahl der "muslimischen" Länder Israel nicht anerkennt, stimmt so pauschal auch nicht. Die Länder der arabischen Liga haben in ihrer bemerkenswerten Friedensinitiative von 2002 die Bereitschaft erklärt - unter bestimmten Bedingungen - Israel anzuerkennen. Damit haben sie sich auch von der eindeutig israelfeindlichen Haltung des Iran distanziert, die im Gegensatz zur Haltung der Arabischen Liga keinerlei Willen zu einer Einigung erkennen lässt.

Zu Ihrer Frage: Nein, wir sollten kein Verständnis für die atomaren Ambitionen des Iran haben. Das Beispiel Indiens und Pakistans zeigt, dass Sicherheitsprobleme durch atomare Aufrüstung keinesfalls gelöst, sondern eher vergrößert werden. Sicherheitsgarantien sind auch dem Iran mehrfach angeboten worden.

Eine Politik der regionalen Sicherheit durch vertrauensbildende Maßnahmen, Verhandlungen und Verträge würde nicht zuletzt dem iranischen Volk eine wesentlich bessere Sicherheits- und Entwicklungsperspektive bieten als das Spiel mit dem "atomaren Feuer". Letzteres scheint aber aus Sicht der Machthaber im Iran gut geeignete zu sein, von den internen Problemen des Landes abzulenken, die durch eine aggressive Politik nach außen verdeckt, aber keinesfalls auch nur im Ansatz gelöst werden können.

Mit freundlichen Grüßen

Günter Gloser