Frage an Gregor Gysi von Doris E. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
gerne lese und höre ich immer Ihre erfrischenden Antworten zu großen und kleinen Fragen unserer Gesellschaft und Politik.
Heute möchte ich mich mit einem "kleinen" Anliegen an Sie wenden:
- Wie stehen Sie zu einer allgemeinen Meldepflicht für Borreliose ?
- Wie sehen Sie das Versäumnis entsprechende medizinische Forschungen zu dieser Erkrankung zu unterstützen und sichere Testverfahren zur Feststellung dieser Krankheit zu entwickeln?
- Wie stehen Sie zu einer Wiedereinführung als gesetzliche Kassenleistung ? - diese Krankheit hat sich einmal im Leistungskatalog der GKV befunden und wurde wieder gestrichen.
Borreliose ist eine Krankheit, die viele Ärzte nicht oder kaum kennen und deswegen nicht oder kaum oder schlecht behandeln.
Daher möchte ich gerne noch folgende Frage ergänzen:
- Sind Sie für eine Weiterbildungspflicht vor allem von Allgemeinmedizinern, die ja stets die ersten Anlaufstellen eines erkrankten Menschen sind?
Diese Ärzte werden von unseren Krankenkassenbeiträgen honoriert, kann ich da nicht eigentlich auch erwarten, dass sie in 30 - 40 Jahren Praxistätigkeit nicht auf dem Stand ihrer Abschlussprüfungen stehenbleiben?
Mit freundlichen Grüßen
Doris Elise
Sehr geehrte Frau Elise,
Ihre Nachricht vom 20. Januar hat mich erreicht. Zuständigkeitshalber habe ich sie an unsere gesundheitspolitische Sprecherin, Frau Dr. Martina Bunge, mit der Bitte um Beantwortung weitergeleitet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi
Sehr geehrte Frau Elise,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich als zuständige Fachpolitikerin beantworten möchte. Ich beantworte Ihre Fragen in der Reihenfolge, wie Sie diese gestellt haben.
Im Grunde sind Sie mit der Meldepflicht bei der Politik im Bundestag an der richtigen Adresse. Zur Einführung der Meldepflicht bei Borreliose ist die Änderung des Infektionsschutzgesetzes notwendig. Allerdings sollten Änderungen der Meldepflicht nicht politischen, sondern medizinischen Gründen folgen. Eine Meldepflicht dient zur Vermeidung der Ausbreitung einer Erkrankung und zur Verringerung der Neuinfektionen. Durch die Meldungen können regionale Häufungen festgestellt werden und damit verstärkte Anstrengungen in diesen Regionen iniziiert werden. Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht aber bei Borreliose davon aus, dass es in allen Regionen eine Infektionsgefährdung gibt. Somit würde eine Meldung nicht zu einer Verringerung der Ausbreitung führen.
Die Linke fordert eine nichtkommerzielle bzw. pharmaunabhängige Forschung und hat dies auch im letzten Jahr wieder als Änderungsantrag in die Haushaltsberatungen eingebracht. Hier ist die entsprechende Drucksache: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/115/1711515.pdf .
Von daher unterstützen wir auch Ihre Forderung nach einer staatlichen Forschung zur Borreliose.
Die Behandlungen der Folgen der Borreliose sind natürlich auch jetzt Kassenleistung. Falls Leistungen weggefallen sein sollten, die einen nachgewiesenen Nutzen für die Patientinnen und Patienten hatten, verwehren wir uns entschieden dagegen. Wenn Sie einen konkreten Anlass haben, könnten Sie uns das gegebenenfalls noch einmal auf direktem Weg wissen lassen.
DIE LINKE fordert, dass die gesetzlichen Krankenkassen alle Leistungen, die einen nachgewiesenen Nutzen für die Patientinnen und Patienten haben, bezahlen müssen.
Natürlich müssen Ärztinnen und Ärzte sich fortbilden. Dies ist auch jetzt schon Pflicht. Allerdings muss die Fortbildung verbessert und weiterentwickelt werden. So ist nicht hinnehmbar, dass Fortbildungen, die als Pflichtweiterbildung der Ärztinnen und Ärzte anerkannt werden, von Pharmaunternehmen gesponsert werden. Die Fortbildungen müssen unabhängig von den Interessen der Pharmaindustrie sein. Ebenso muss immer wieder überprüft werden, ob die Fortbildungen alle notwendigen Kenntnisse für die Praxis vermitteln und/oder genügend auffrischen. Es darf nicht sein, dass Ärztinnen und Ärzte mehr oder minder auf dem Stand ihrer Ausbildung verbleiben oder auch einiges Wichtiges vergessen. Derzeit sind die Fortbildungen über Fortbildungspunkte sehr offen und frei geregelt. Der Grundgedanke ist, wenn die Ärztinnen und Ärzte Fortbildungen mit bestimmten Zeitaufwand leisten müssen, werden sie sich schon dort fortbilden, wo es für sie am Nötigsten ist. Das ist dadurch natürlich keineswegs sichergstellt. Hier müssen Verfahren gefunden werden, wie Ärztinnen und Ärzte wirklich sinnvolles und notwendiges Wissen für ihre Praxis erhalten. In einigen Ländern müssen Ärztinnen und Ärzte, um ihre Approbation zu behalten, alle 5 Jahre eine Prüfung ablegen. Dies wäre eine Möglichkeit, die auch hier in Deutschland geprüft werden sollte.
Ich hoffe, meine Antworten konnten Ihnen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Bunge