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Frage von Clemens G. •

Frage an Gregor Gysi von Clemens G. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Gysi,

mit der vorl. Entscheidung des BVerfG zum ESM sind diesem von Grund auf undemokratischen, unfreiheitlichen Konstrukt, dem sich á la Thomas Hobbes´ »Leviathan« Generationen unterwerfen sollten, um die BRD bis in alle Ewigkeit zu Zahlungen in astronomischer Höhe zu verpflichten, die schlimmsten Zähne gezogen worden. Dieses haben die Kläger wie (auch) Sie erreicht. Darum zunächst an dieser Stelle anerkennenden und herzlichen Dank. Gleichwohl beschäftigt mich folgendes bzgl. ESM, GG, AEUV nach wie vor (ganz besonders):

Art. 20 GG
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

Das BVerfG hat eben auch - bei geltender Regelung des Art. 125 I AEUV - entschieden, daß die BRD per ESM mit 190 024 000 000 € vertragsgebunden für die Schulden anderer EU-Mitgliedsstaaten haftet. Der Bundespräsident hat daraufhin den ESM-Vertrag unterzeichnet. Insoweit ist (wird) dieser Vertrag jetzt für die BRD wirksam. Eine solche Schulden-Haftung ist aber mit Art. 125 I AEUV unvereinbar, weil diesem zufolge jegliche Haftung solcherart für die Union wie für den einzelnen Mitgliedestaat AUSGESCHLOSSEN ist. Demnach sieht sich vorliegend das BVerfG in seiner Rechtsprechung (wie auch der Bundespräsident) NICHT an (EU)Recht und Gesetz gebunden, welches gleichwohl, insbesondere nach dem Karlsruher Richterspruch, für die Bürger der BRD bindend sein soll.

Deshalb meine Frage: Wie erklären Sie diese Unstimmigkeiten?

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Gutsche

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Gutsche,

Ihre Nachricht vom 16. September hat mich erreicht.
Die von Ihnen aufgeworfene Frage darf nur der Europäische Gerichtshof entscheiden. Dafür ist das Bundesverfassungsgericht nicht zuständig. Wir bereiten gerade vor, die Regierung zu veranlassen, eine solche Klage zu erheben. Notfalls könnte auch beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden, dass die Regierung verpflichtet wird, eine Klage beim Europäischen Gerichtshof zu erheben.
All das befindet sich noch in der Prüfung.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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