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Gregor Gysi
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Frage von Klaus S. •

Frage an Gregor Gysi von Klaus S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herrr Dr. Gysi,

ist es wahr, dass DIE LINKE in Bayern und damit letztlich auch Sie, gemeinsam mit der dortigen CSU ein völliges Verbot des Arzneimittelversandes zu Lasten eines freien Wettbewerbes in Deutschland durchsetzen wollen.

Ich sehe Ihrer Antwort entgegeben.

Mit freundlichen Grüßen

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Sehr geehrter Herr Schmidt,

Ihre Nachricht vom 15. September hat mich erreicht.
Ich habe sie zuständigkeitshalber an den bayerischen Abgeordneten Klaus Ernst mit der Bitte weitergeleitet, Ihnen so schnell wie möglich eine Antwort zukommen zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Frage. Dr. Gregor Gysi bat mich als zuständige Fachpolitikerin Ihre Frage zu beantworten.
Das Schreiben von Otto Helmecke (alias Olaf Heinrich) ist mir bekannt. Ich habe wegen der Fehler und unhaltbaren Behauptungen einen offenen Brief an DocMorris verfasst, den ich anhänge.

Offener Brief

Sehr geehrter Herr Heinrich,

dieser Tage habe ich eine E-Mail erhalten, der ein Schreiben von Ihnen an Ihre Kunden angehängt war mit dem Betreff „Ihr Rezeptbonus für DocMorris bleibt!“. Ich bin sehr irritiert darüber, dass Sie in dem Schreiben Dinge behaupten, die fern der Realität sind.

So schreiben Sie, dass DIE LINKE ein völliges Verbot des Versandhandels von Arzneimitteln fordere. Dies ist falsch. Ein völliges Verbot ist in Deutschland schon aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben nicht möglich. Entsprechend fordert DIE LINKE in ihrem Antrag zu Versandapotheken (BT-Drucksache 17/9556), den Versandhandel auf rezeptfreie Arzneimittel zu begrenzen.
Ich bitte Sie daher dringend, diese Falschinformation zu unterlassen und in einem Schreiben an Ihre Kunden zu korrigieren.

Leider lassen Sie Ihre Kunden auch darüber im Unklaren, dass das sogenannte Boni-Verbot auf eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom August dieses Jahres zurückgeht.
Danach sind Versandapotheken, die ihren Sitz außerhalb von Deutschland haben und nach Deutschland liefern, an das deutsche Arzneimittelpreisrecht gebunden. Geklagt hatte ein Apotheker, der in den Bonuszahlungen der europäischen Versandapotheken einen Verstoß gegen das deutsche Arzneimittelpreisrecht gesehen hatte – und dieser hat Recht bekommen. Es ist also bereits jetzt deutschen Apotheken verwehrt, Boni zu gewähren und die Entscheidung des Gemeinsamen Senats stellt klar, dass sich europäische Apotheken, die nach Deutschland liefern, an die deutsche Arzneimittelpreisgesetzgebung halten müssen. Daher handelt es sich bei den Änderungen im zweiten Arzneimittelrechtsänderungsgesetz um Klarstellungen geltenden Rechts.

Sie wissen sicher, dass ich mich als zuständige Gesundheitspolitikerin meiner Fraktion nicht nur mit den Verbänden der inhabergeführten Präsenzapotheken unterhalte, sondern auch sehr offen auf Podien von Verbänden der Versandapotheken mitdiskutiere. Beides ist wichtig für eine ausgewogene Meinungsbildung.

Von einem gemeinsamen Vorgehen mit den Apothekerverbänden kann von Seiten der Fraktion DIE LINKE keine Rede sein. Der Aufstellung der Parteispenden können Sie entnehmen, dass die von Ihnen behauptete Lobbypolitik zugunsten der Pharmaindustrie oder der Apotheken für die Fraktion DIE LINKE abwegig ist - im Gegensatz zu der von Ihnen herangezogenen CSU. Ihnen als Chef eines großen niederländischen Arzneimittelversenders geht es vorrangig um Unternehmensgewinne. Uns geht es um eine gute Versorgung der Patientinnen und Patienten. Wir befürworten die Verschärfung der Beratungspflicht für die deutschen Apotheken. Diese muss proaktiv erfolgen und empathisch auf die einzelne Patientin und den einzelnen Patienten eingehen. Der Versandhandel kann systembedingt keine Beratung anbieten, die wir als modern und patientenorientiert ansehen könnten. Das persönliche Gespräch ist für uns nicht ersetzbar. Arzneimittel sind besondere Güter, einem unkritischen Gebrauch muss durch eine gute und aktive Beratung entgegengewirkt werden.

Uns geht es um die Sicherung einer flächendeckenden Versorgung mit Apotheken vor Ort und das nicht nur heute, sondern auch mittel- und langfristig. Die ausländischen Versandapotheken betreiben Rosinenpickerei, indem sie versuchen, chronisch Kranke an sich zu binden. Aber sie leisten weder Notdienste, noch stehen sie zur Verfügung, wenn man mal Kopfschmerztabletten braucht, ohne 48 Stunden darauf warten zu müssen. Einen fairen Wettbewerb zwischen einer Apotheke vor Ort und einer Versandapotheke kann es nicht geben. Die Apotheken vor Ort haben höhere Kosten und können dadurch preislich nicht mit Versandapotheken konkurrieren. Daher wird dieser Wettbewerb auf Dauer zu Lasten der flächendeckenden Versorgung mit Präsenzapotheken gehen.

Wenn der Internethandel etwa die Elektronikfachhändler vor Ort immer mehr vertreibt, ist das nicht erfreulich. Wenn Versandapotheken auf Dauer aber insbesondere die ländlichen Apotheken gefährden, ist dies nicht hinnehmbar. Als Reaktion auf die Frage, wie es Patientinnen und Patienten fänden, wenn es keine Apotheke in erreichbarer Nähe und keinen Notdienst mehr gibt, schlagen mir große Bedenken und Sorge entgegen. . Und diese Befürchtungen nehme ich sehr ernst.

Und wenn es um Fragen der finanziellen Entlastung von Patientinnen und Patienten geht, dann setzen wir uns zu allererst für die Abschaffung von jeglichen Zuzahlungen ein. Und überfällig ist auch eine andere Arzneimittel-Preispolitik (vgl. Antrag der Linksfraktion BT-Drs. 17/2324), damit Arzneimittel nicht weiterhin zu den größten Kostentreibern im Gesundheitssystem gehören.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Bunge

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