Frage an Gregor Gysi von Steven S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
ich bin seit 10 Jahren Berufskraftfahrer und betrachte die Entwicklung unserer Löhne und den Umgang der Politik mit unserer Branche als sehr besorgniserregend.
Wir, und damit meine ich alle meine Kollegen in Deutschland, haben seit 20 Jahren nur noch unter aggressivem Lohndumping zu leiden. Ich verdiene seit 10 Jahren das selbe steuerpflichtige Brutto bei einer Inflation innerhalb diesen Zeitraumes von ca 23%!
Jetzt soll ich aber noch weitere 29 Jahre arbeiten...., das werde ich mir sehr bald nicht mehr leisten können.
Unsere Kunden vergeben ihre Aufträge nur noch an die günstigsten Speditionen und der Staat erhöht am laufenden Band die Abgaben der Spediteure.
Demzufolge kann der Unternehmer nur noch Aufträge an Land ziehen, wenn er beim Personal einspart.
Als Betriebsrat unserer Firma mit 120 Fahrern und 70 weiteren Angestellten muß ich in diesem Punkt leider immer wieder einlenken und kann froh sein, wenn die Löhne zumindest nicht gesenkt werden müssen.
Es ist kein Spielraum für Gehaltsverhandlungen gegeben, es sei denn, wir sparen Personal ein, was nutürlich absurd ist.
Ein Ausweg aus dieser Misere währe ein Gesetz, wie in GroßBrittanien, welches die Mitgliedschaft eines jeden Fahrers in einer gemeinsamen Gewerkschaft zur Vorraussetzung macht, um einen Lkw lenken zu dürfen.
Somit hätten wir eine Möglichkeit einheitliche Löhne zu fordern, die dann für alle Unternehmer bindend währen und eine Konstante in jeder Auftragsverhandlung darstellen würden.
Anderen Falles wird es bald niemanden mehr geben, der zum halben Gehalt eines Facharbeiters im Maschinen- und/oder Fahrzeugbau die doppelte Anzahl an Arbeitsstunden leistet und nur am Wochenende heimkommt.
Schon jetzt gehen Jährlich 17000 Fahrer in Rente und nur 7000 Fahrer im Jahr rücken nach.
Wenn es unsere Berufsgruppe aber bald nicht mehr gibt, bricht die Wirtschaft in Deutschland zusammen und damit auch die der EU.
Vielleicht können sie das Thema ja mal in den Wirtschaftsgremien...?
Sehr geehrter Herr Sell,
mit Ihrer Kritik hinsichtlich der Löhne für Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer haben Sie völlig Recht. Die erste Bedingung wäre ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 10 Euro brutto die Stunde. Dann würden auch alle anderen Löhne angehoben werden. Natürlich brauchte man auch einen Tarifvertrag der für sämtliche Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer gilt unabhängig davon, ob sie gewerkschaftlich organisiert sind oder nicht. Über all das wird nach wie vor gestritten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi