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Gregor Gysi
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Frage von Josef B. •

Frage an Gregor Gysi von Josef B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi !

Sie haben doch sicherlich den Kommentar von Thilo Bode in der taz von gestern -9.2.12- gelesen:
"Zurück zur Drachme". ---- Thilo Bode wundert sich, dass z. B. die Linke für den Verbleib Griechenlands in der Eurozone plädiert - obwohl dieses krampfhafte Festhalten mit einem dramatischen Sozialabbau verbunden ist - noch dazu ohne jede Chance auf eine Verbesserung der Verhältnisse ! Ich bin schon lange derselben Meinung wie Th. Bode. Ich halte nichts von Zwangsgemeinschaften. Im vorliegenden Fall dienen diese sog. "Rettungsaktionen" ja sowieso nur den Banken (= Bank-Aktionären). Das sog. "Rettungsgeld" kommt nicht bei den Bürgern an. Die Kredite, die zu den horrenden Schulden geführt haben, wurden ja von den Banken unter Mithilfe d. BReg aufgeschwatzt - in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Empfängerseite. --- Was den Bürgern in Griechenland nichts nützt, nützt auch den Bürgern in Deutschland nicht ! Wieso sollen sie das Fehlverhalten des Banken u. -BReg.-Konsortiums ausbaden und mit ihrem Geld (= Steuergeldern) haften ? Das Geld bekommen sie nie mehr zurück. Außerdem wird es an der Mailaise nichts änderen. Würde mich freuen, wenn Sie mir antworten könnten und würde mich freuen, wenn die Linke diesem Irrweg ganz klar entgegentritt.

Mit freundlichen Grüßen
J. Birner

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Birner,

Ihre Nachricht vom 10.02.2012 hat mich erreicht.

Zunächst waren wir die einzige Fraktion im Bundestag, die vor der Einführung des Euro warnten, weil die Voraussetzungen dafür nicht bestanden. Damals waren alle Fraktionen besonders klug, auch die Grünen. Sie erklärten unsere Sorgen für völlig unbegründet.

Die gesamten Hilfspakete sind falsch, auch dort stimmen wir überein. Sie nutzen ausschließlich den Banken und nicht den Bürgerinnen und Bürgern Griechenlands und in anderen europäischen Staaten. Deshalb stimmen wir auch regelmäßig dagegen.

Nach unserer Auffassung gibt es auch keine Schuldenkrise. Die Schulden sind übrigens immens angestiegen durch die Finanzkrise. Es ist also das direkte Ergebnis der Spekulationen der Banken und anderer Einrichtungen.

Wir schlagen einen anderen Weg vor. Die betreffenden Länder müssten Kredite zu günstigen Zinsen für ihren Wiederaufbau erhalten. Diese Kredite dürften nicht durch große Privatbanken erfolgen, sondern müssten durch eine staatliche Bank in Europa gewährt werden. Gleichzeitig muss es in den Ländern Korrekturen geben, zum Beispiel bei den Rüstungsausgaben und in anderen Bereichen. Außerdem muss es eine ansprechbare Vermögenssteuer geben. In Griechenland gehört 2.000 Familien 80 Prozent des Vermögens. Alle Millionäre in der Euro-Zone müssten eine Vermögensabgabe entrichten. Auch die Banken müssten entsprechend herangezogen werden, das heißt die Verursacher und nicht diejenigen, die nichts, aber auch gar nichts mit dem Entstehen der Krise zu tun haben.

Vielleicht wird ja der Weg eingeschlagen, dass Griechenland zur Drachme zurückkehrt. Ich hielte ihn allerdings für falsch. Es ist auch eine Illusion, dass damit die Probleme gelöst wären. Die Drachme würde so abgewertet werden, dass Griechenland seine Schulden und seine Sozialleistungen überhaupt nicht mehr bedienen könnte. Es könnte sogar eine Hungerskatastrophe entstehen. Da wir dies nie zulassen könnten, müssten wir es dann ohnehin bezahlen. Mir ist ein anderer Weg viel lieber. Wir gewähren zinsgünstige staatliche Kredite für den Aufbau des Landes. Dann fließt auch alles Geld zurück. Wir dürfen nicht den Weg von Versailles gehen, den die Sieger des 1. Weltkrieges gegen Deutschland gingen, sondern den Weg der Westmächte nach dem 2. Weltkrieg, den Weg des Aufbaus durch einen Marshallplan. Dann machte ich mir deutlich weniger Sorgen, dann flösse auch das gesamte Geld zurück, das wir in solche Länder investierten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gregor Gysi

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