Frage an Gökay Akbulut von Gabriele G. bezüglich Gesundheit
Frage aus Ihrem Wahlkreis
Wissenschaftler*innen, Ärzt*innen und Politiker*innen haben ein Positionspapier zu Cannabis als Medizin erstellt:
Wie ist Ihre Position zu diesen Schlussfolgerungen und Forderungen:
• Die Abgabepreise für Cannabisblüten in Apotheken müssen deutlich gesenkt werden. Als Vorbild könnte der in Schleswig-Holstein gewählte Weg dienen. Von der 2019 getroffenen gesetzlichen Regelung zur Kostensenkung profitieren aktuell einseitig die Krankenkassen, nicht aber die selbstzahlenden Patient*innen.
• Der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen muss abgeschafft werden, damit die Therapiehoheit in den Händen der behandelnden Ärzt*innen bleibt und die Behandlungsindikation nicht länger von Sozialfachangestellten der Krankenkassen oder
Gutachter*innen des MDK gestellt wird.
• Regressdrohungen gegenüber Ärzt*innen müssen beendet werden. Die Kassenärztliche Vereinigung in Baden-Württemberg hat hierfür einen Praxis tauglichen Weg aufgezeigt.
• Pharmaindustrie unabhängige Fortbildungen für Ärzt*innen zum Thema Cannabis als Medizin müssen verstärkt angeboten werden. Das Thema muss darüber hinaus fester Bestandteil der Lehre im Medizinstudium werden.
• Sucht- und andere psychiatrische Erkrankungen dürfen nicht länger pauschal als Kontraindikationen für eine Cannabis-basierte Therapie eingestuft werden, die praktisch ausnahmslos zur Ablehnung des Kostenübernahmeantrags führen.
• Patient*innen mit einer ärztlich bescheinigten Indikation für eine Cannabis-basierte Therapie dürfen nicht länger strafrechtlich verfolgt werden.
• Bei Bestehen einer ärztlich indizierten Cannabis-basierten Therapie müssen Patient*innen im Hinblick auf eine Teilnahme am Straßenverkehr genauso behandelt werden, wie Patient*innen, die andere Medikamente einnehmen
Sehr geehrte Gabriele Gebhardt,
haben Sie vielen Dank für ihre Frage zu dem Positionspapier zu Cannabis als Medizin. Meine Antworten auf ihre Fragen finden Sie weiter unten. Sicherlich haben Sie außerdem gesehen, dass Niema Movassat unser Sprecher für Drogenpolitik der Linksfraktion im Bundestag das Positionspapier mitunterzeichnet hat.
Wie ist Ihre Position zu diesen Schlussfolgerungen und Forderungen:
• Die Abgabepreise für Cannabisblüten in Apotheken müssen deutlich gesenkt werden. Als Vorbild könnte der in Schleswig-Holstein gewählte Weg dienen. Von der 2019 getroffenen gesetzlichen Regelung zur Kostensenkung profitieren aktuell einseitig die Krankenkassen, nicht aber die selbstzahlenden Patient*innen.
Akbulut: DIE LINKE fordert selbstverständlich, dass medizinisches Cannabis auf Privatrezept nicht teurer ist, als wenn die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Für Selbstzahler ist Medizinalcannabis in der Apotheke eigentlich unbezahlbar. Die Lösung von Schleswig-Holstein, den Apothekenaufschlag durch die Klassifizierung von Cannabisblüten als Fertigarzneimittel zu umgehen, finde ich gut und hoffe, dass andere Bundesländer hier nachziehen. Aber selbst wenn der Preis sinkt, sehe ich als grundlegendes Problem noch immer, dass etwa 40% der Anträge auf Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse abgelehnt werden. Menschen mit schweren Erkrankungen sollten nicht für Medizin, die ihnen hilft, selbst bezahlen müssen.
• Der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen muss abgeschafft werden, damit die Therapiehoheit in den Händen der behandelnden Ärzt*innen bleibt und die Behandlungsindikation nicht länger von Sozialfachangestellten der Krankenkassen oder Gutachter*innen des MDK gestellt wird.
Akbulut: Ich stimme zu. Dringend muss der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen abgeschafft werden. Statt der Mitarbeitenden bei den Krankenkassen müssen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Entscheidung treffen. DIE LINKE fordert mehr Sicherheit für Ärztinnen und Ärzte bei der Verschreibung von medizinischem Cannabis. Noch immer sind Mediziner*innen sehr vorsichtig bei der Verordnung von Medizinalcannabis. Wir wollen, dass Ärztinnen und Ärzte ohne Sorge vor Regressansprüchen, Cannabis verordnen können – auch bei weniger schweren Erkrankungen.
• Regressdrohungen gegenüber Ärzt*innen müssen beendet werden. Die Kassenärztliche Vereinigung in Baden-Württemberg hat hierfür einen Praxis tauglichen Weg aufgezeigt.
Akbulut: Die Regressdrohungen gegen die Mediziner*innen sind bei Cannabis besonders hart, denn immer wieder wird unterstellt, dass die Patient*innen nicht austherapiert seien, also noch nicht alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Das ist doch absurd. Wenn Ärztinnen und Ärzte der Meinung sind, dass Cannabis ihren Patient*innen hilft, dann sollen sie es verordnen dürfen. Der Weg der Kassenärztlichen Vereinigung BaWü, nämlich dass Cannabis-Verordnungen als budgetneutral behandelt werden, sollte Vorbild auch für andere Bundesländer sein.
• Pharmaindustrie unabhängige Fortbildungen für Ärzt*innen zum Thema Cannabis als Medizin müssen verstärkt angeboten werden. Das Thema muss darüber hinaus fester Bestandteil der Lehre im Medizinstudium werden.
Akbulut: Auf jeden Fall. Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V bietet beispielsweise kostenlose Fortbildungsveranstaltung für Ärzt*innen und Apotheker*innen an. Von solchen Angeboten brauchen wir viel mehr, weil noch viele Mediziner*innen skeptisch bei der Verschreibung von Cannabis als Medizin sind. Ebenso wäre natürlich hilfreich, das Thema Cannabis als Medizin im Medizinstudium zu verankern.
• Sucht- und andere psychiatrische Erkrankungen dürfen nicht länger pauschal als Kontraindikationen für eine Cannabis-basierte Therapie eingestuft werden, die praktisch ausnahmslos zur Ablehnung des Kostenübernahmeantrags führen.
Akbulut: Absolut! Bevor das Cannabis-als-Medizin-Gesetz verabschiedet wurde, hatten ja etwa 1000 Menschen eine Ausnahmegenehmigung für Cannabis als Medizin, darunter waren auch Menschen mit psychischen Erkrankungen. Bei vielen dieser Patient*innen wurden dann die Kostenübernahmen durch die Krankenkassen abgelehnt. Das ist doch völlig absurd. DIE LINKE fordert, dass auch Patient*innen mit Sucherkrankungen oder psychischen Erkrankungen Cannabis verordnet und von der Krankenkasse bezahlt bekommen.
• Patient*innen mit einer ärztlich bescheinigten Indikation für eine Cannabis-basierte Therapie dürfen nicht länger strafrechtlich verfolgt werden.
Akbulut: Ich stimme zu. Als LINKE wehren wir uns gegen die Kriminalisierung von Konsumierenden insbesondere, wenn es sich um eine ärztlich bescheinigte Therapie auf Cannabis-Basis handelt.
Wir setzen uns auch für die Rechte der Konsumierenden ein, die keine ärztlich bescheinigte Indikation haben. Für häufig gebrauchte Drogen muss eine bundeseinheitliche Höchstmenge festgelegt werden, bei deren Besitz keine Strafverfolgung erfolgt. Strafverfolgung sollte an den meisten Stellen durch ein Beratungs- und Hilfsangebote ersetzt werden.
• Bei Bestehen einer ärztlich indizierten Cannabis-basierten Therapie müssen Patient*innen im Hinblick auf eine Teilnahme am Straßenverkehr genauso behandelt werden, wie Patient*innen, die andere Medikamente einnehmen
Akbulut: Ich stimme zu. Ärztlich indizierte Cannabis-Therapien sollten für die Teilnahme am Straßenverkehr ebenso behandelt werden, wie andere ärztlich indizierte Therapien. Darum setzt sich DIE LINKE dafür ein, dass die Bestimmungen zum Fahren von Fahrzeugen bei medizinischer Verwendung von Cannabis endlich klar geregelt werden.