Frage an Gökay Akbulut von Carmen R. bezüglich Frauen
Auch heute noch leben zahlreiche Menschen als Sklaven in Unfreiheit. Sie werden ausgebeutet und sind der permanenten Willkür anderer ausgeliefert. Zwangsprostitution und Menschenhandel gibt es auch in Deutschland. Laut einer Erhebung leben hierzulande rund 14.500 moderne Sklaven. Die britische Risikoanalysefirma "Verisk Maplecroft" schreibt in ihrem Menschenrechtsreport (Feb 2016), dass gerade die Flüchtlingskrise zu steigender Zwangsarbeit in Europa führt. Außerdem werden in Europa im Zuge des organisierten Menschenhandels hauptsächlich von Osteuropa nach Westeuropa vorwiegend Mädchen und junge Frauen in die Zwangsprostitution verkauft.
Letztlich liegt es auch in der Verantwortung jedes Einzelnen, vor der Verletzung der Menschenrechte nicht die Augen zu verschließen. Die Nachfrage regelt das Angebot. Deshalb wird von Organisationen wie z.B. „Gemeinsam gegen Menschenhandel e.V.“ ein Sexkaufverbot zum Schutz der Opfer vorgeschlagen.
Wie schätzen Sie die Situation der Prostituierten in Deutschland, bzw. Mannheim ein, wie sehen Sie die aktuellen Gesetzeslage und was halten Sie von einer Gesetzesänderung in Richtung Sexkaufverbot zur Eindämmung des Menschenhandels und der menschenunwürdigen Zustände im Bereich der Prostitution?
Sehr geehrte Frau R.,
vielen Dank für Ihre Anfrage, gerade auch zu einem so ernsten Thema.
Frauenhandel und Zwangsprostitution gehören zu den schlimmsten, denkbaren Menschenrechtsverletzungen. Als frauenpolitisch Aktive in der Partei DIE LINKE werde ich mich stets für die Rechte der Frauen, insbesondere auch auf das Recht der sexuellen Selbstbestimmung einsetzen! Umso wichtiger ist eine Gesetzgebung, die die freiwillige und selbstbestimmte Sexarbeit von der erzwungen zu trennen und die Strafverfolgung für erzwungene Sexarbeit hoch ansetzt.
Das Prostitutionsgesetz von 2002 hat den Sexarbeiter/innen nun die Möglichkeit gegeben, ihrer Arbeit mit fairen Arbeitsbedingungen und als reguläre Tätigkeit im Sinne einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen, das war ein Fortschritt. Inzwischen muss dieses Gesetz aber weiterentwickelt werden und die soziale Absicherung auch in diesem Bereich verbessert werden.
Stattdessen hat die Große Koalition das sogenannte Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) durch den Bundestag gebracht, das zum 1.7.2017 in Kraft tritt. Grundlage der Novelle war eine unzulässige Vermischung von Prostitution als selbstgewählter Tätigkeit und Straftatbeständen wie dem Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und jenem der Vergewaltigung (Zwangsprostitution). Auf diese Weise werden tiefe Eingriffe in die Grundrechte (wie die Berufsfreiheit, die Unverletzlichkeit der Wohnung oder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung) von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern gerechtfertigt und einer weiteren Stigmatisierung Vorschub geleistet. Viele werden in die Illegalität verschwinden.
Im Effekt die Probleme, die es ja durchaus im Bereich der Prostitution gibt, nicht gelöst, sondern in die Unsichtbarkeit verschoben, wo Rechte und Schutz nicht gewährleistet werden können. Als LINKE setze ich mich deswegen für eine Rücknahme des Prostituiertenschutzgesetz ein und möchte stattdessen gemeinsam mit den Verbänden zusammensetzen, um über Mindeststandards und dergleichen zu diskutieren. Außerdem müssen wir die Beratungs- und Informationsangebote ausbauen und besser finanzieren.
Mit freundlichen Grüßen
Gökay Akbulut