Frage an Gitta Connemann von Friedhold G. bezüglich Soziale Sicherung
mit der Mehrwertsteuerhöhung steigen die Lebenshaltungskosten weiter. Um die Verteuerung in etwa auszugleichen, erhält der Arbeitnehmer eine Steuerermäßigung und der Besserverdienende und die Millionäre erhalten eine noch kräftigere Steuerermäßigung. Wähernd die Politiker schon heute Pensionsansprüche von bis zu 11000 Euro mtl. haben, ohne je einen Cent eingezahlt zu haben, wird dem Rentner Jahr für Jahr die Rente gekürzt. Wie wollen Sie uns Rentner vor der sozialen Ungerechtigkeit schützen, wie wollen Sie Rentnern, Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern eine Entlastung geben für die steigenden Lebenshaltungskosten ?Danke für Ihre Antwort.
Lieber Herr Gerold,
für Ihre Email vom 14. August 2005 danke ich Ihnen.
1.
Sie haben darin u.a. unsere Pläne zur Mehrwertsteuererhöhung angesprochen. Sie gehen davon aus, dass in diesem Fall die Lebenshaltungskosten steigen werden. Entgegen Ihrer Ansicht ist dies jedoch nicht zu erwarten.
Zutreffend ist, dass laut gemeinsamem Regierungsprogramm von CDU und CSU der Mehrwertsteuersatz von 16% auf 18% angehoben werden soll. Davon betroffen sind aber gerade nicht die Artikel des täglichen Bedarfs. Bei Lebensmitteln, Zeitungen, Busfahrscheinen bleibt es beim ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 %. Dieser Satz bleibt nach unseren Plänen unverändert. Mieten sind sogar mehrwertsteuerfrei. In vielen Bereichen des täglichen Lebens ändert sich also gar nichts. Denn in einem geringer verdienenden Haushalt machen gerade die Ausgaben für diese Produkte mehr als 80 % aus. Sie werden nicht verteuert. Wir wahren also die soziale Balance. Eine Mehrwertsteuererhöhung darf also nicht mit einer allgemeinen Teuerung von 2 Prozent gleichgesetzt werden.
Dies und noch mehr würde dagegen passieren, wenn es nach dem Willen des Bundesfinanzministers Hans Eichel (SPD) geht. Er hat am 7. September 2005 in einem Interview gegenüber dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel angekündigt, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz zukünftig nur noch für soziale und kulturelle Belange anwenden wolle. Das würde bedeuten, dass mit der SPD Nahrungsmittel wie z.B. Brot, Butter, Fleisch, Früchte, Gemüse sowie der öffentliche Nahverkehr –und auch das Hunde- und Katzenfutter – um 9 % teurer werden. Das wäre die größte Verteuerung von Gütern des täglichen Bedarfs seit dem Zweiten Weltkrieg! Kartoffeln, Milch, Bus/Bahn und Taxi im Nahverkehr, Bücher und Zeitungen, Futter- und Düngemittel (Landwirtschaft), künstliche Gelenke, Herzschrittmacher, Hörgeräte, Gehhilfen, Prothesen, Rollstühle, Schnittblumen und Tierfutter würden nicht mehr mit 7 % sondern mit 16 % versteuert.
Mit unserem Konzept würden also die allgemeinen Lebenshaltungskosten nicht nennenswert steigen. Allerdings würden wir im Gegenzug die Lohnzusatzkosten zum 1. Januar 2006 von 6,5 % auf 4,5 % senken. Arbeitnehmer und Arbeitgeber würden damit um jeweils 1 Prozentpunkt entlastet. Die einprozentige Entlastung bezogen auf den Bruttolohn bedeutet nach Berechnungen u. a. des Instituts der deutschen Wirtschaft, dass der durchschnittlich verdienende Arbeitnehmer wie bei einer Lohnerhöhnung um 2,4 % stehen würde. Der Arbeitnehmer und seine Familie hätten damit bei einer Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes mehr netto in der Tasche. Die weitere Hälfte der Entlastung würde zudem die Lohnkosten des Arbeitgebers senken. Er könnte dann bestehende Arbeitsplätze sichern und neue schaffen.
Rentner würden indirekt von dieser Maßnahme profitieren. Denn nur, wenn mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen, bekommen wir wieder mehr Einzahler in die Rentenkassen. Nichts ist besser für die Rentenkassen, als mehr Wachstum und mehr Beschäftigung. Und die werden wir mit unseren Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt, im Bereich der Sozialversicherungen und im Bereich der Steuern erreichen.
Eine Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt würde sich positiv auf die Höhe der jährlichen Rentenanpassungen auswirken. Das wäre ein klarer Vorteil für die Rentner. Dafür würde es sich letztlich lohnen geringfügige Mehrausgaben durch den höheren Mehrwertsteuersatz in Kauf zu nehmen. Ein Durchschnittsrentner (BfA-Rente) würde nach Anhebung des oberen Mehrwertsteuersatzes eine monatliche Mehrbelastung in Höhe von rund 6 Euro bei gleichem Konsumverhalten haben.
2.
Im Übrigen kritisieren Sie, dass Steuerermäßigungen zugunsten Besserverdienender geplant seien.
Dies trifft nicht zu. Zum einen ist es schon jetzt so, das die so genannten Besserverdienenden den Löwenanteil des Einkommenssteueraufkommens zahlen. Allein die besser verdienenden 10 Prozent haben 52,9 Prozent zum Einkommensteueraufkommen im Jahr 2004 beigetragen. Die 25 Prozent am unteren Ende der Einkommensskala zahlten dagegen nur 0,1 Prozent.
Zum anderen stimmt es auch nicht, dass vom Abbau von Steuervergünstigungen die oberen Einkommen stark und die geringen Einkommen wenig bis gar nicht profitieren. Wahr ist dagegen, dass das heutige Steuersystem mit seinen zahlreichen Ausnahmen ungerecht ist. Denn gerade die Großverdiener können sich als Abschreibungskünstler betätigen. Sie können z.B. in Filmfonds oder Ähnliches investieren und zahlen 10 oder 5 Prozent bzw. gar keine Steuern. In diesen Fällen ist der Spitzensteuersatz zwar hoch, er wird aber nur selten wirklich gezahlt. Davon hat niemand etwas. Ohne Steuersubventionen wird das Steuerrecht dagegen einfach und transparent.
Wir streichen Steuersparmodelle, von denen diejenigen profitieren, die genügend Einkommen haben, um Geld in solchen Produkten anzulegen. Wir bauen Ausnahmetatbestände im Steuerrecht ab, die von verschiedensten Gruppen genutzt werden.
3.
Schließlich sprechen Sie die Pensionsansprüche von Politikern an – zu Recht. Lieber Herr Gerold, auch beim Sparen ist für CDU und CSU die soziale Balance ein zentrales Anliegen. Deswegen müssen alle zum Sparerfolg beitragen, keiner kann ausgenommen werden. Als Politiker wollen wir in der Union mit gutem Beispiel voran gehen. Deshalb wollen wir Pensionsansprüche der Bundesminister und der Parlamentarischen Staatssekretäre nach nur zwei Jahren Amtsdauer abschaffen, Ministerpensionen sollen erst mit 65 Jahren statt bisher 60 Jahren gezahlt und die Übergangsgelder reduziert werden.
Deutschland braucht eine Kraftanstrengung aller Menschen! Kein Politikfeld kann von vorneherein ausgenommen werden. Wir werden aber sicherstellen, dass es bei allen Maßnahmen sozial gerecht zugeht! Dafür setze ich mich ein.
Ihre
Gitta Connemann