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Gisela Piltz
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Frage von Anne F. •

Frage an Gisela Piltz von Anne F. bezüglich Soziale Sicherung

Guten Tag Frau Piltz,

heute las ich von einer Studie der OECD (http://www.tagesschau.de/oecdstudie100.html), die sich mit der Verteilung des Wohlstands in der Gesellschaft beschäftigt. Da steht, dass die Entwicklung in Deutschland stärker als in den meisten anderen OECD-Ländern zu einer Gesellschaft der Ungleichverteilung von Wohlstand führt. Also dass es gleichzeitig immer reichere Menschen und immer mehr arme Menschen bei uns gibt. Darunter leiden vor allem die Kinder: in den 20 Jahren 1985-2005 hat sich der Anteil armer Kinder bei uns von 7% auf 16% mehr als verdoppelt!

Das macht ganz traurig und auch wütend, weil Deutschland doch eigentlich ein reiches Land ist. Ich sehe von der FDP nichts, was so wirklich der breiten Armutsbekämpfung dient, also über Symbol-Politik hinausgeht. Statt dessen sinken die Steuern für die Reichen immer weiter!

Nächstes JAhr ist wieder Wahl: Ich frage mich, ich frage Sie: Was kann und wird die FDP im Falle einer Regierungsbeteiligung anders machen als bisher? Warum sollte ich Sie wählen? Was können die Politiker in den anderen OECD -Staaten (z.B. Griechenland, Türkei, Spanien) besser als die Politiker bei uns, wenn die Entwicklung dort weniger schlimm ist?

Ich finde diese Entwicklung nicht nur traurig, sondern auch gefährlich, weil solche Ungerechtigkeit doch viele Leute bewegt, aus Protest zB extreme Parteien zu wählen. Wollen Sie darauf warten?

Viele Grüße!

Anne Fischer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Fischer,

mit dem Antrag "Existenz von Kindern sichern - Familien stärken" (BT-Drs. 16/9433) der FDP-Bundestagsfraktion, der in erster Lesung am 05. Juni 2008 im Deutschen Bundestag beraten wurde, hat meine Fraktion umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland vorgestellt.

Armut ist einmal finanzieller und materieller Mangel, andererseits aber zugleich ein Mangel an Teilhabechancen in der Gesellschaft, an Bildungschancen, die für eine eigenständige Zukunftsgestaltung unerlässlich sind, sowie an Entwicklungschancen für die Persönlichkeit als Folge mangelnder Bindung und Unterstützung in sozial benachteiligten Familien.

Das Kindergeld stellt mit seinem Gesamtvolumen in Höhe von 34,9 Mrd. Euro einen wichtigen Baustein im Rahmen der Leistungen für Familien dar. Das Kindergeld wird zwar einkommensunabhängig gewährt, entfaltet aber dennoch bei nahezu 1,7 Mio. Kindern eine armutsreduzierende Wirkung. Unter dem Gesichtspunkt der Armutsvermeidung profitierten zu fast 90 % Kinder in Familien mit zwei und mehr Kindern vom Kindergeld (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Dossier Armutsrisiken von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, Mai 2008, S. 38). Seit 2002 wurde das Kindergeld allerdings nicht mehr verändert; es soll nun für die beiden ersten Kinder von derzeit 154 Euro auf jeweils 164 Euro, für das dritte auf 170 Euro sowie für vierte und weitere Kinder auf 195 Euro angehoben werden (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen, BRat-Drs. 753/08). Dies wird aber nur zu einem geringen Maße für mehr Geld in den Familien sorgen, zumal eine schriftliche Frage von Carl-Ludwig Thiele ergeben hat, dass knapp 20 Milliarden Euro Kindergeld an Familien mit einem und 8,3 Milliarden Euro an Familien mit zwei Kindern gezahlt werden. Familien mit drei oder vier Kindern erhalten nur gut 820 Euro Kindergeld (s. BT-Drs. 16/9832, Schriftliche Frage des Abgeordneten Carl-Ludwig Thiele, S. 15/16). Die Liberalen fordern demgegenüber, in einem ersten Schritt zum 1.1.2009 das Kindergeld auf 170 Euro und im Zusammenhang mit einer großen Steuerreform das Kindergeld zum 1.1.2010 auf 200 Euro zu erhöhen (Antrag "Existenz von Kindern sichern -- Familien stärken", BT-Drs. 16/9433).

Die Belastungen von Familien müssen aber ebenso im Steuerrecht berücksichtigt werden. Eine gerechte Steuer legt einen Schwerpunkt auf die Entlastung der Familien. Mit einem Grundfreibetrag von 8.000 Euro für Erwachsene und Kinder würden viele Familien keine Einkommenssteuer mehr bezahlen. Dies bedeutet, dass Familien mehr Geld netto zur Verfügung stehen würde und dass Familien mehr Freiheit für die Gestaltung des Familienlebens hätten. Darüber hinaus sollen Kinderbetreuungskosten bis zu 12.000 Euro im Jahr steuerliche berücksichtigungsfähig sein und ein Freibetrag von 2.000 Euro für die letzten drei Monate der Schwangerschaft vorgesehen werden (vgl. Beschluss des 59. Ordentlichen Bundesparteitags der FDP, München, 2008, "Die gerechte Steuer: Einfach, niedrig und sozial").

Für diejenigen, die nicht über ein ausreichendes Einkommen verfügen, sind Steuersenkungen nicht zielführend. In diesen Fällen würde ein Universaltransfer in Form eines leistungsgerechten und existenzsichernden Bürgergeldes gegen Armut in Familien helfen.

Von herausragender Bedeutung für die Armutsbekämpfung und -vermeidung ist Bildung. Dabei verdeutlichen die Ergebnisse der Entwicklungsforschung die zentrale Bedeutung der ersten Lebensjahre für die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern. Verfügbarkeit und vor allem Qualität frühkindlicher Bildungs- und Betreuungsangebote sollten der Wichtigkeit der ersten Lebensjahre Rechnung tragen. Eine besondere Rolle kommt hierbei den Kindertagesstätten zu, die sehr viele Kinder erreichen. Die Bedeutung, die einer frühzeitigen guten Bildung und Betreuung zukommt, belegt auch das US-amerikanische "Perry Preschool Project", das im Jahr 1967 durchgeführt wurde. Untersucht wurden 120 drei- bis vierjährige Kinder, die unter sehr schwierigen Bedingungen aufwuchsen. Die eine Hälfte der Kinder bekam eine sehr gute Vorschulerziehung und die Kompetenz der Eltern wurde durch intensive Gespräche über die Entwicklung der Kinder gestärkt. Diese Kinder waren als Erwachsene viel motivierter und hatten mehr Selbstdisziplin als die Kinder aus der Vergleichsgruppe. Nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung erhöht sich für den Durchschnitt der Kinder die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, von 36 % auf 50 %, wenn sie eine Krippe besucht haben. Die Verbesserung der Bildungschancen durch den Krippenbesuch liegt für benachteiligte Kinder höher als für den Durchschnitt; von diesen Kindern gingen rund zwei Drittel mehr auf das Gymnasium (vgl. Entschließungsantrag der FDP-Bundestagsfraktion zu der zweiten und dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (BT-Drs. 16/9299, 16/10357) "Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz -- KiföG), BT-Drs. 16/10381 m.w.N.). Kindertagesstätten leisten also einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung, Förderung und Unterstützung von Kindern. Frühkindliche Bildung ist der entscheidende Faktor für eine Chancengerechtigkeit und hilft gegen Armut. Denn die soziale Lage der Eltern darf nicht über den Bildungsweg der Kinder entscheiden. Dies ist auch Leitbild liberaler Bildungspolitik in den Bundesländern, wie beispielsweise in Bayern, wo sich die FDP für mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem, gerade den Schulen, einsetzt.

Das pädagogische Personal im Bereich der Kinderbetreuung muss so aus- und weitergebildet werden, dass es den gewachsenen Ansprüchen an die vorschulische Bildung und Betreuung gerecht werden kann. In diesem Zusammenhang sollte künftig vermehr tauf die an vielen Hochschulen neu eingerichteten Bachelor-Studiengänge wie etwa den Bachelor of Education zurückgegriffen werden.

Die genannten Initiativen stellen nur eine Auswahl der breiten Programmatik der FDP-Bundestagsfraktion sowie der FDP in Bund, Ländern und Kommunen dar. Umfassende Informationen zu unseren Forderungen für bessere Chancen von Kindern und Familien finden Sie unter www.fdp-fraktion.de und unter www.fdp.de.

Mit freundlichen Grüßen

Gisela Piltz MdB