Frage an Gisela Piltz von Rene L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Mich würde interessieren:
Und würde sich Ihre Entscheidung dann revidieren, wenn die Bundesregierung auch Bodentruppen zur Grenzsicherung (oder Polizisten) entsenden würde?
Zur Frage des Aufeinandertreffens mit israelischen Soldaten.
Mir ist als Historiker durchaus die Konfliktlage bekannt. Nun hat aber gerade der israelische Ministerpräsident die Deutschen zur Truppenentsendung aufgefordert und daher verwundert Ihre Haltung doch sehr. Wenn die Israelis keinen Grund sehen, Vorbehalte gegen deutsche Soldaten zu haben, warum dann Ihre Fraktion? Und: wie gehen Sie sonst mit Zwischenfällen um, wie beispielsweise am Horn von Afrika?
Mit freundlichen Grüßen
Rene Lima
Sehr geehrter Herr Lima,
Wir sehen internationales Engagement zur Beilegung einer Krise wie jener im Libanon immer als Gesamtpakete innerhalb derer es eine Aufgabenverteilung je nach Ressourcen und Möglichkeiten gibt. Das heisst, dass zu einer Krisenbeilegung immer 1. der akute Verhandlungsprozess zur Eindämmung (hier die Generierung der SR-Resolution), 2. wenn notwendig das Stellen von Truppen (hier zur UNIFIL-Mission) und 3. das aktive Bemühen um eine tragfähige politische Lösung, die eine militärische Präsenz alsbald hinfällig macht, gehören. Die Fähigkeiten, die an der einen oder anderen Stelle benötigt werden, unterscheiden sich doch sehr, stehen andererseits aber auch in einer Wechselwirkung zueinander. Wenn Sie zum Beispiel einmal auf einen anderen Konflikt, nämlich nach Afghanistan blicken, dann stellen Sie sicherlich mit mir fest, dass die Art des militärischen US-amerikanischen Vorgehens deren Akzeptanz in der Bevölkerung und damit deren Gewicht bei der Vermittlung politischer Lösungen stark reduziert hat. "Ressourcenmanagement" der an einer Friedenslösung beteiligten Staaten in Kategorien wie "Vertrauen", "militärischen Kapazitäten", "finanziellen Ressourcen" und "Verhandlungsgeschick" mag schwer greifbar zu sein, kann letzten Endes aber eben auch mit Blick auf das Ziel entscheidend sein.
Aus unserer Sicht muss man sich deshalb immer eine Frage stellen: was ist der beste Beitrag, den wir Rahmen einer Gesamtlösung anzubieten haben und wie ist dieser mit den Partnern abgestimmt? Bei der Beantwortung dieser Frage hat die FDP bei der Mandatserteilung zu UNIFIL die Meinung vertreten - und tut dies auch heute noch -, dass uns ein umfassender militärischer Beitrag zwar technisch möglich wäre, wir dem Friedensprozess aber auf anderem Wege noch besser dienen können. Unsere enge Freundschaft mit Israel und unser zugleich hohes Ansehen in der arabischen Welt sind ein politisches Kapital, über das kaum ein anderer europäischer Staat verfügt und das wir in einer solchen Situation unserer Meinung nach auch gezielt einsetzen müssen. Nicht Militäreinsätze als Symbolpolitik dürfen bei der Konfliktbewältigung im Vordergrund stehen, sondern ein zielgerichtetes Arbeiten an einer wirklich tragfähigen Lösung. Sollte sich eine solche ganz konkret ergeben, dann wäre gegebenenfalls neu zu überlegen, ob ein dann zeitlich ja sehr beschränktes Mandat zur Absicherung eines solchen Prozesses sinnvoll sein kann. Derzeit sehen wir dies jedoch nicht.
Der Konflikt im Libanon ist nach unserer Einschätzung politisch nicht auf den Libanon beschränkt. Die Unterstützung für die Hisbollah geht weiter - nach Syrien, in den Iran und in andere Länder. Eben deshalb wird zwar ein Großteil der Friedensbemühungen im Libanon selbst zu leisten sein, das Umfeld aber die möglicherweise entscheidenden Impulse geben. Angesichts dessen erscheint uns eine deutsche Rolle in den zu führenden politischen Gesprächen - wie dies zum Beispiel auch bei den E3+3-Verhandlungen mit dem Iran der Fall ist - jene Komponente zu sein, auf die wir uns konzentrieren sollten.
Einige hundert Kilometer Grenze in schwierigem Gelände zwischen Libanon und Syrien lassen sich auch mit großem Aufwand kaum sichern - erst recht nicht durch Personal, das mit den Gegebenheiten vor Ort nicht oder nur kaum vertraut ist. Die Erfahrungen aus dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet oder auch von der (derzeit suspendierten) EU-Grenzmission zwischen Ägypten und dem Gaza-Streifen sollten uns diesbezüglich vor Illusionen schützen. Was allerdings erfolgen kann und muss, ist eine Befähigung der libanesischen Sicherheitskräfte, an der Grenze aber auch im libanesischen Kernland gegen Waffenlieferungen für die Hisbollah vorzugehen. Zu Maßnahmen, die auch von außen gefördert werden können, gehören zum Beispiel Ausbildungsmaßnahmen und Ausstattungshilfe. Letzten Endes wird jedoch auch mit Blick auf die Waffenlieferungen aus Syrien an die Hisbollah gelten, dass eine wirklich effiziente Beendigung solcher Maßnahmen nur aus Syrien heraus, dass heißt also mit Hilfe der syrischen Regierung ergo auf politischen Wege zu erreichen sein wird.
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Piltz MdB