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Gesine Lötzsch
DIE LINKE
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Frage von Stephan B. •

Frage an Gesine Lötzsch von Stephan B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Dr. Lötzsch,

ich beziehe mich auf Ihre Antwort vom 29.09.2008 und speziell auf Afghanistan. Sie und Ihre Partei sprechen immer vom "Krieg in Afghanistan", blenden aber aus, dass dort auch die afghanische Polizei ausgebildet und eben auch zivile Aufbauarbeit geleistet wird. Mir kommt es vor, als übertreibt Ihre Partei maßlos auf der einen Seite, indem der Aspekt des Krieges hervorgehoben wird, aber zugleich spielen die anderen Parteien die Realität herunter. Glaubwürdig ist für mich in dieser Sache zur Zeit keiner. Allerdings kann ich mir auch nicht alleine aus dem Stand eine Meinung bilden. Die Medien geben oft auch nur die Ansichten der Parteien oder einzelner Funktionäre wieder.

Die einzige bisher verlässliche Quelle zur Meinungsbildung für mich ist ein in Deutschland lebender Afghane, den ich kennengelernt habe. Dieser ist gegen einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und will nach seinem Studium wieder hin um dort auch (zivile) Aufbauarbeit zu leisten.

Meine Fragen an Sie -- als Person und erst zweitrangig als Parteimitglied:
1. Würden die von Ihnen genannten Mißstände in Afghanistan ohne eine dort stationierte Bundeswehr nicht genauso vorhanden sein oder vielleicht sogar schlimmer? Wenn nein, warum nicht?
2. Denken Sie, dass zivile Aufbauarbeiten völlig ohne Schutz durch die Bundeswehr geleistet werden können?
3. Angenommen, alle Länder ziehen Ihre Truppen aus Afghanistan ab - was passiert dann?
4. Würden Sie auch Anträge ablehnen, die fordern, dass die Bundeswehr ausschließlich zur zivilen Hilfe in Afghanistan eingesetzt wird?

Ich bin auch gegen jegliche Art von Krieg, vermisse aber im Bundestag das differenzierte Bild der Situation in Afghanistan.

Mit freundlichem Gruß,
Stephan Beyer

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Stephan Beyer,

DIE LINKE blendet nicht aus, dass ziviler Aufbau und Polizeiausbildung schon stattfindet in Afghanistan. Wir sind aber der Meinung, dass da viel zu wenig geschehen ist bis heute und alle Kraft und Mittel in den zivilen Aufbau in Afghanistan fließen sollte und nicht in Kampfhandlungen. Denn der Kampf gegen den Terror kann nicht mit militärischen Mitteln gewonnen werden. Das haben die letzten 7 Jahre gezeigt.

Sie fragen, ob die Missstände ohne eine stationierte Bundeswehr nicht noch schlimmer werden würden. Der Meinung bin ich nicht. Trotz der stationierten Bundeswehr und der Aufstockung der Truppenkontingente haben sich die humanitäre und die Sicherheitslage dramatisch verschlechtert. Das zeigt, dass die Bundeswehr es nicht schafft, Sicherheit und Frieden für die Bevölkerung zu schaffen. Viele Hilfsorganisationen bemängeln, dass sie durch die Stationierung von Militärs und durch die zunehmende Vermischung von politisch militärischen und humanitären Aufgaben stark in ihrer Arbeit behindert werden.

NGOs wie Misereor oder das Deutsche Rote Kreuz wollen ihre unparteiische Rolle in diesem Konflikt gewahrt wissen. Da stimmen wir zu. Die Bundeswehr hat kein Mandat und auch keine Befähigung zivilen Aufbau oder humanitäre Hilfe zu leiten.

Sie fragen, ob Aufbauarbeiten völlig ohne Schutz geleistet werden können. Dazu lässt sich sagen, dass die Bundeswehr es in 7 Jahren nicht geschafft hat ein sicheres Umfeld für humanitäre Helfer zu schaffen. Viele Hilfsorganisationen fühlen sich wie schon erwähnt behindert in ihrer Arbeit. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen sah sich 2004 schon gezwungen alle Projekte in Afghanistan einzustellen aufgrund der Ermordung einiger ihrer Mitarbeiter. Da Hilfsorganisationen unabhängig sind, droht ihnen weniger Gefahr in Afghanistan, wenn sie nicht mit der parteiisch angesehenen Bundeswehr in Verbindung gebracht werden.

Sie fragen weiterhin, was passieren würde, wenn alle Truppen aller Länder auf einmal abgezogen werden würden aus Afghanistan. DIE LINKE fordert zwar den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, allerdings muss dies nicht von einem Tag auf den anderen Geschehen. Wir brauchen einen ordentlichen Stufenplan, der die Bevölkerung auf den Abzug der Truppen vorbereitet. Die Bundesregierung ist nicht einmal bereit , über einen Ausstiegsplan nachzudenken!

Ihre letzte Frage bezieht sich darauf, dass die Bundeswehr ausschließlich zivile Hilfe leisten soll. Da bin ich voll und ganz der Meinung der NGOs. Zivile und militärische Hilfe sollte nicht vermischt werden. Die Bundeswehr hat nicht das Mandat zivile Aufgaben zu bewältigen. Daher sollte sie das den Organisationen überlassen, die es besser können.

Mit freundlichen Grüße,

Dr. Gesine Lötzsch

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