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Gesine Lötzsch
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Frage von Oliver S. •

Frage an Gesine Lötzsch von Oliver S. bezüglich Soziale Sicherung

Guten Abend Frau Lötzsch,

ich wende mich heute abend spontan an Sie als meine zuständige Bundestagsabgeordnete mit folgendem Sachverhalt:

Ich (berufstätig) bin vor kurzer Zeit mit meiner Parnterin, welche welche alleinerziehende Mutter ist und zzt. vom Arbeitslosengeld II lebt. Meine nicht besonders hohen Einkünfte in Höhe von ca. 750 € netto haben wir natürlich mit allen notwendigen Nachweisen beim zuständigen JobCenter Lichtenberg in der Gotlindestraße eingereicht.

OHNE die Zustellung eines entsprechenden Änderungsbescheides sind nun einen Monat sämtliche Zahlungen betreffend des ALG II (Mietzahlung und Hartz IV) eingestellt worden. Ohne Bescheid zur Prüfung unsererseits wird dieses doch sicherlich nicht rechtens sein, oder? ist es denn unabgesehen davon wirklich rechtens, dass mein komplettes Einkommen angerechnet wird?

Das Problem einer durchgeführten Änderung ohne Bescheid ist meiner Parnterin speziell bei uns in Lichtenberg nicht zum ersten Mal und auch aus der Nachbarschaft/Bekanntenkreis sind mir ähnliche Fälle bekannt. Auskunft erhält man seitens des JobCenters aber nur nach Terminvergabe, welche aber noch nicht mal telefonisch, sondern nur bei persönlichem Erscheinen durchgeführt wird.

Beschwert man sich bei Vorgesetzten über diese Verwahrensweise bekommt man nur die lapiadare Auskunft: "Wenn meine Mitarbeiterin das so macht, hat das schon seine Richtigkeit".

Wissen Sie einen Rat oder haben Tipps, wie man sich in dieser Situation verhalten kann? Denn mit meinem Latein bin ich/sind wir zzt. zugegebenermaßen ziemlich am Ende.

Gerne würde ich, falls es sowas bei Ihnen gibt, den Sachverhalt in Ihrer "Bürgersprechstunde" erläutern.

Viele Grüße

Oliver Schmidt

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Sie haben völlig Recht: Ohne die Zustellung eines Änderungsbescheides, dürfen die Zahlungen des Arbeitslosengeldes II nicht gekürzt werden. Allerdings scheint die Zustellung in der Praxis manchmal einige Wochen zu dauern.
Ich rate Ihnen, sofern Sie Ihren Änderungsbescheid erhalten, sofort Widerspruch einzulegen:
Denn bei Ihrem Lohneinkommen scheint mir die volle Anrechnung nicht korrekt zu sein. In Absprache mit den Sozial-Referenten der Linksfraktion im Deutschen Bundestag kann ich Ihnen Folgendes berichten:
Es ist zwar in der Tat so, dass das Einkommen des Partners bis auf einen Erwerbstätigenfreibetrag voll angerechnet wird. Der Hilfebedarf des Partners muss aber auch erstmal gedeckt sein. In diesem Fall stünde dem Betroffenen 90% des Regelsatzes (316EUR) plus der Anteil an den Kosten der Unterkunft (mind. 180 EUR). Hinzu kommt der Erwerbstätigenfreibetrag von 260 EUR zu. Insgesamt ergeben sich 756 EUR. Dies liegt über Ihrem Einkommen, so dass dieses gar nicht angerechnet werden dürfte.

Nur wenn Vermögen über den Vermögensfreigrenzen existiert, auf das die Bedarfsgemeinschaft verwiesen werden könnte, oder im betreffenden Monat hohe einmalige Einkünfte erzielt worden wären, ist eine Einstellung der Zahlungen (mit Änderungsbescheid) möglicherweise rechtmäßig. Wenn das alles nicht der Fall ist, dürfte es sich mal wieder um eine grob rechtswidrige Praxis handeln.

Ich empfehle Ihnen folgende Vorgehensweise: 1. Vorsprechen beim Jobcenter: Sie sollten auf der sofortigen Zahlung - notfalls auch per Abschlag - bestehen.

2. Gegen den Änderungsbescheid Widerspruch einlegen, wobei sie notfalls mit Rechtshilfe klagen sollten.

Ich lade Sie hiermit recht herzlich zu meiner nächsten Sprechstunde am 04. September 2008 in die Ahrenshooper Straße 5 ein. Ich habe Sie bereits vorgemerkt. Wenn Ihnen dieser Termin recht ist, melden sie sich bitte unter folgender Rufnummer 030-99 27 07 25 endgültig an.

Bis auf weiteres verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen!

Dr. Gesine Lötzsch

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