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Gesine Lötzsch
DIE LINKE
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Frage von Reinhold H. •

Frage an Gesine Lötzsch von Reinhold H. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Dr. Lötzsch.

Ich bin 64, war Zeit meines Lebens indoktriniert gegen den Kommunismus. Da ich mich aber sehr mit Politik beschäftige, mir einbilde ein recht guter Schachspieler zu sein, stellt sich immer wieder die Frage, wem nutzt dieser Zug der Politik.

Wir leben in einem Land, welches wir nicht mehr als Vaterland bezeichnen können, denn es gehört uns ja nicht (mehr).
So genannte Privatisierungen saugen Kapital aus Deutschland, staatliche Banken "verlieren" riesige Summen; ausgenommen die Postbank, wofür Herr Zumwinkel nun büßen muss.

Unsere Politiker erlassen Gesetze, einer Diktatur zur Ehre gereichen würden. Wir entwickeln uns zu einem Überwachungsstaat, der seine Bürger wie Sklaven behandelt.
Nun kommen die "Linken" , versprechen diese Mißstände zu ändern und spicken teilweise sogar rechts ab. Sie, Die Linke, propagieren eine Art "nationalen Sozialismus" wie mir scheint.

Sehr geehrte Frau Dr. Lötzsch, glauben Sie im Ernst daran, Sie und Ihre Partei könne den Kurs wieder ändern ohne den Deutschen die Zusammenhänge zu erklären?
Glauben Sie eine Politik gegen die "Ackermänner" und ihre Lobby mache zu können?
Kommunismus hat in keinem Lande der Welt funktioniert, glauben Sie er wird nun in Deutschland wieder alles ins Lot bringen?

Die USA haben Deutschland nach dem Kriege über den Marshall-Plan "geholfen", ich sehe es als benutzt an.
Nach der allgemeinen "Wende" ist Deutschland aber für die USA politisch wertlos geworden und wird ausgeplündert.
Sollten wir nicht die Annäherung an Russland als logische Alternative versuchen?

Nun meine letzte Frage,
wie steht Ihre Partei zu der Behauptung "Deutschland ist ein Einwanderungsland"?

Ich wünsche Ihnen persönlich alles Gute

R.Heck
Ps. Ich stehe für meine Meinung und verwende meine Namen.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Heck,

herzlichen Dank für Ihre E-Mail.

Mit dem Vorwurf, sie betreibe eine Art Politik des nationalen Sozialismus, sieht sich DIE LINKE immer wieder konfrontiert. Einerseits zielt dieser darauf ab, DIE LINKE als Globalisierungsgegner-Partei zu diskreditieren, andererseits - und das ist ungeheuerlich - um uns in eine Verbindung zur NPD zu stellen.

DIE LINKE setzt sich im Gegensatz zur Bundesregierung für die Streichung der Agrar-Subventionen der Industrieländer ein. Mit diesen Subventionen werden künstlich billige Produkte aus der EU und der USA auf die Märkte der Entwicklungsländer gespült. Folge: Die einheimischen Bauern können mit den Billigangeboten aus den reichen Industrieländern nicht konkurrieren, was ihnen die zumeist einzige Einnahmemöglichkeit entzieht. Sie stürzen in Armut. Auf diesen Zynismus der Weltwirtschaftsordnung macht DIE LINKE und die ihr nahe stehenden gesellschaftlichen Bewegungen immer wieder aufmerksam - jedoch von der Bundesregierung zumeist ungehört. In diesem Zusammenhang vom nationalen Sozialismus zu sprechen, halte ich für falsch.
Weitere Beispiele für den Internationalismus der linken Programmatik ist die Forderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland. Diesen erhielte jeder - unabhängig von Nationalität und Herkunft!
Darüber hinaus setzt sich meine Partei in ihren europapolitischen Positionen für eine Steuerharmonisierung in der EU ein. So könnte verhindert werden, dass Mitgliedsstaaten mit unverschämt niedrigen Steuersätzen einen Steuerwettbewerb nach unten forcieren, der letztlich auf Kosten der sozialen Sicherungssysteme der Staaten geschieht.
Ich denke, diese Forderungen zeigen, dass DIE LINKE auch jenseits nationaler Kategorien denkt, was aber eine Kritik an der gegenwärtigen Weltwirtschaftsordnung, die sich im Globalisierungsprozess etabliert, durchaus einschließt.

Sie haben Recht: Wir versprechen, sofern wir die parlamentarischen Mehrheiten dafür haben, die von Ihnen aufgezählten Missstände zu überwinden. Wir sind der Meinung, dass es Alternativen zu dem eingeschlagenen Kurs der rot-grünen Bundesregierung und der heutigen Großen Koalition gibt. Wir sind davon überzeugt, dass eine Politik jenseits von Steuerentlastungen für Besser-und Bestverdienende, Hartz IV und der Beschneidung von Bürgerrechten möglich ist. Sie behaupten implizit, man könne es mit den "Ackermännern" so wie so nicht aufnehmen: Das Demokratie- und Politikverständnis DER LINKEN geht jedoch davon aus, dass das Volk als Souverän - repräsentiert von den Abgeordneten des Deutschen Bundestages - die Gesetze beschließt. Ich will nicht leugnen, dass Herr Ackermann samt seiner Lobby mehr Einfluss auf politische Entscheidungsprozess hat als der sog. Normalbürger. Nichtsdestotrotz wäre eine grundlegend andere Politik in Deutschland allein schon mit anderen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag ohne weiteres möglich. DIE LINKE strebt diese anderen Mehrheitsverhältnisse an, nicht um den Kommunismus einzuführen, sondern um in erster Linie das Land ein großes Stück sozialer und gerechter zu machen.

Die LINKE stimmt der Aussage, Deutschland sei ein Einwanderungsland, voll und ganz zu, was übrigens auch das Gerede vom "nationalen Sozialismus" ad absurdum führt.

Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Gesine Lötzsch

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