Frage an Gesine Lötzsch von Günter M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Lötzsch,
letzte Woche hat ein Gericht ein Urteil gefällt. Nämlich, dass ALG II Empfänger zugemutet werden kann 2% des Jahreseinkommens für Zuzahlungen für Rezepte und Arztkosten aufzubringen.
Auch steht im Raume die ALG II Empfänger ev. an den Kosten des Gesundheitsfonds zu beteiligen.
Desweiteren werden Fahrten zur ARGE nur sehr bedingt übernommen. Nämlich nur, wenn der Betrag min. 6 Euro ausmacht. Bewerbungskosten werden nur widerwillig erstattet. Auch beim Heizgeld muss man zig Mal herumtelefonieren, bis mal was kommt. Und selbst die Heizkosten werden noch festgesetzt.
Desweiteren keinen Ausgleich für die Mehrwertsteuersätze, keinen Ausgleich für gestiegene Nahrungsmittel-und Energiepreiserhöhungen.
Wenn aber etwas teurer wird, was man unbedingt braucht, steigen über den MwST-Satz doch auch die Einnahmen des Staats. Oder sehe ich das falsch?
Man könnte doch wenigstens dieses Geld an die ALG II zurück geben. Oder nicht?
Auch steht im Raume, dass Herr Steinbrück den reduzierten MwST-Satz auf Lebensmittel kappen könnte.
Wann wird Ihrer Meinung nach der Regelsatz von lediglich 347 Euro endlich erhöht?
Herr Riester empfiehlt ALG II Empfängern den Abschluß eines Riestervertrags? Diesen könne man als ALG II Empfänger für 5 Euro monatlich haben. Ist das nicht etwas sehr dreist, wenn das gar nicht in der Berechnung vorgesehen ist?
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Sie haben mit den Politikern anderer Parteien zu tun. Haben manche Politiker völlig die Realität ausgeblendet?
Ich wäre Ihnen sehr dankbar für eine Antwort!
Mit freundlichen Grüßen
Günter Möder
Sehr geehrter Herr Möder ,
herzlichen Dank für Ihre E-Mail.
Die LINKE kämpft seit der Einführung der Hartz-Gesetze für deren Überwindung. In der parlamentarischen Arbeit hat die Linksfraktion mit Initiativen und Anträgen immer wieder versucht, der Drangsalierung von Arbeitnehmern einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben. Wie Sie wissen, scheiterte dies jedoch auf Grund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament. Für Die LINKE ist dies aber kein Anlass, die Bundesregierung nicht weiterhin unter Druck zu setzen: Ein aktueller Antrag der Linksfraktion verweist darauf, dass mittlerweile für Arbeitssuchende, die sich bei der Bundesagentur für Arbeit telefonisch melden, die frühere Standardverbindung in eine gebührenpflichtige Mehrwertdienste-Rufnummern-Verbindung umgewandelt wurde. Die LINKE hält dies für nicht akzeptabel und fordert die Bundesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass die bisher kostenpflichtige bundesweite Service-Nummer 01801 der Bundesagentur für Arbeit in eine gebührenfreie Rufnummer umgewandelt wird. Denn ca. dreimal mehr als für ein normales Gespräch bezahlt der Arbeitssuchende, wenn er die Agentur erreichen will. So wird auf Kosten der Arbeitssuchenden und zugunsten der Telekom entschieden, die mit mehr als 50 Millionen Anrufe pro Jahr von den Servicenummern profitiert. Neben den von Ihnen genannten Punkten, ist das eine weitere unverschämte Belastung derjenigen, die vom Alg-II-Satz leben müssen. Bei den derzeitigen Kräfteverhältnissen im Parlament ist - wenn überhaupt - nur mit einer marginalen Erhöhung des Alg-II-Satz zurechnen. Die LINKE fordert hingegen eine deutliche Anhebung auf ca. 420 Euro. Allerdings ist es dreist von Hern Riester, dass er nun die Arbeitssuchenden animiert, in die Riester-Rente einzuzahlen. Es ist abenteuerlich, welche Vorstellungen manche Politiker haben, wie man mit 347 Euro noch etwas für die Altersvorsorge tun soll. Außerdem wird die Riester-Rente angerechnet, sofern man die Grundsicherung im Alter beantragen muss.
Zu ihrer letzten Frage: Ich denke, dass es bei den wenigstens Politikern ein Erkenntnisproblem gibt. Jedoch würde ich das Menschenbild vieler meiner Kollegen durchaus als pessimistisch einschätzen, denn in deren Augen sind Arbeitssuchende an ihrer Lebenssituation in erster Linie selbst schuld.
Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Gesine Lötzsch, MdB