Frage an Gesine Lötzsch von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Lötzsch,
die Forderung von Angela Merkel nach einer Europaarmee ist überfällig und man dachte schon die ESVP sei eingeschlafen.
Andererseits sind 30 Jahre als Perspektive zu lange.In dieser Zeit kann zuviel passieren.Wäre es nicht besser, wenn Deutschland und Frankreich hier vorangehen inklusive Force de frappe (vgl.die Forderung von F.J.Strauß nach einer europäischen Atommacht) und eine Art Coalition of the willing herstellen ohne dabei jedoch aus der NATO auszutreten. Würde eine eigene europäische Abschreckungsoption das Verhandlungsgewicht in den transatlantischen Beziehungen nicht erhöhen?Befürwortet die Linkspartei eigentlich den Austritt aus der NATO oder inwieweit sind sie transatlantisch?
MfG
Ralf Ostner
Sehr geehrter Herr Ostner,
die Linkspartei ist dezidiert nicht transatlantisch in Fragen der Außen-, Sicherheits- und Militärpolitik orientiert. Mit anderen Worten: Die Linkspartei lehnt die Existenz der NATO als Verteidigungsbündnis ab, da sich das internationale Koordinatensystem geändert hat. Der Westen wird nicht durch einen anderen Staat bedroht. Die Irrelevanz der NATO als Verteidigungsbündnis wird implizit selbst von der NATO eingeräumt, da sie nun anstatt ihr Territorium zu verteidigen seit Anfang/Mitte der 1990er Jahre nach neuen Tätigkeitsfeldern sucht, um ihre Fortexistenz zu legitimieren. Diese besteht nun in weltweiten Militärinterventionen und milit. Absicherungen von Krisengebieten mit UNO-Mandat oder auch ohne. Die Legitimation der NATO wird also aus Einsätzen, die nicht der Territorialverteidigung dienen, abgeleitet. Und diese lehen wir generell ab.
Eine EU mit einer interventionsorientierten Europaarmee wird ebenfalls seitens der Linken uneingeschränkt abgelehnt. Diese wäre nichts anderes wie die NATO - nur ohne USA. Die Linke, und dies ist Gegenstand parteiinterner Diskussionen, könnte sich u.U. eine reine europäische Verteidigungsarmee mit struktureller Nichtangriffsfähigkeit und zeitgleicher Aufhebung der nationalstaatlichen Armeen vorstellen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Gesine Lötzsch, MdB