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Gesine Lötzsch
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Frage von Janine T. •

Frage an Gesine Lötzsch von Janine T. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Lötzsch,

ich heiße Janine Teelen und gehe in die 10. Klasse eines Gymnasiums in Wolfenbüttel.
Zur Zeit beschäftigen wir uns im Fach Politik-Wirtschaft mit dem Thema EU und bereiten dazu Referate vor. Meine Gruppe und ich haben das Themenfeld „illegale Flüchtlinge“ gewählt und würden Ihnen gern ein paar Fragen dazu stellen.

1) Wie stehen Sie zur aktuellen Flüchtlingspolitik der EU?

2) Was muss Ihrer Meinung nach an der Flüchtlingspolitik geändert werden?

3) Wie denken Sie über die Kooperation der EU mit nordafrikanischen Ländern zur Flüchtlingsabwehr?

Ich würde mich freuen, wenn Sie mir diese Fragen beantworten würden.

Mit freundlichen Grüßen
Janine Teelen

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Teelen,

sehr gerne nehme ich zu Ihren Fragen Stellung.

Frage 1.

Menschen in existenzieller Not brauchen Hilfe. Ihnen Hilfe zu leisten, ist ein humanitäres Gebot. Die Grenzen offen auf für Menschen in Not! Wer ihnen Hilfe verweigert, verstößt gegen ein elementares Gebot der Menschlichkeit.

Wer aus politischen oder ethnischen Gründen, wegen des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung verfolgt wird, wer um seine körperliche Unversehrtheit oder gar um sein Leben fürchten muss und sich auf der Flucht befindet, darf nicht abgewiesen werden. Aus diesen guten Gründen wurde im Grundgesetz das Grundrecht auf politisches Asyl geschaffen.

Durch den Asylkompromiss aus dem Jahre 1992 und die anschließende „Harmonisierung der EU-Asylpolitik“ wurde dieses Grundrecht seiner Substanz beraubt. Die Grenzen der EU werden zu Hochsicherheitsgrenzen gegen Flüchtlinge ausgebaut. Folglich erreichen immer weniger Flüchtlinge überhaupt Deutschland. Wem das gelingt, der untersteht dem diskriminierenden Asylbewerberleistungsgesetz (Wohnheimunterbringung, Sachleistungen), darf nicht selbst durch Erwerbsarbeit für seinen Lebensunterhalt aufkommen (Arbeitsverbot) und sich nicht außerhalb des zugewiesenen Wohnortes bewegen (Residenzpflicht).

Frage 2.

In einem Antrag hat die Fraktion DIE LINKE ihre Forderungen betr. Änderungen der Flüchtlingspolitik wie folgt formuliert:

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene

für die ursprünglichen Vorschläge der EU-Kommission aus den Jahren 2008 und 2009 zur Verbesserung des Asylsystems im Sinne eines effektiven Flüchtlingsschutzes einzusetzen und darüber hinausgehende Vorschläge in diesem Sinne einzubringen, insbesondere zur Verhinderung einer Inhaftierungen von Schutzsuchenden; zudem soll sich die Bundesregierung für eine Abschaffung der EU Rückführungsrichtlinie und damit gegen eine Politik der Entrechtung von Migrantinnen und Migranten einsetzen, für ein grundlegend anderes Verantwortungsteilungsprinzip innerhalb der EU einzusetzen, das sowohl die berechtigten Wünsche der Betroffenen als auch die Größe und Wirtschaftskraft der Mitgliedstaaten berücksichtigt und in einen fairen Ausgleich bringt, für eine menschenrechtlich fundierte Asylpolitik einzusetzen, die einen sicheren Zugang zum Asylrecht ermöglicht und Schutzsuchende nicht zu „illegalen“ Migrantinnen und Migranten erklärt, die es zu bekämpfen gilt; die Grenzschutzagentur FRONTEX muss deshalb aufgelöst und durch eine Europäische Koordinierungsstelle zur menschenwürdigen und rechtsstaatlichen Aufnahme von Flüchtlingen ersetzt werden.

Frage 3.

DIE LINKE hat immer wieder deutlich aufgezeigt, dass die Kooperations- und Partnerschaftsabkommens mit Ländern wie Libyen völlig inakzeptabel sind. Sie dienen einzig und alleine dafür, die Festung Europas weiter auszubauen. Diese Abkommen sind Teil einer inhumanen Flüchtlingspolitik der EU, die mit Menschenrechten und Humanität nicht zu vereinbaren sind. Libyen hat weder die Genfer Flüchtlingskonvention noch den Kooperationsvertrag mit dem Büro des Hohen Flüchtlingskommissariats der UN unterzeichnet. Gleichzeitig hat Libyen das UNHCR-Büro in Tripolis geschlossen. Mit ihrer hochtechnisierten Grenzkontrolle und dem Einsatz von FRONTEX werden hilfesuchende Menschen von der EU nach Libyen abdrängt. Dort werden sie in katastrophale soziale und humanitäre Situationen abgeschoben. Mehrfach wurden Fälle bekannt, in denen Migrantinnen und Migranten Vergewaltigung und Gewalt ausgesetzt waren. Viele von ihnen werden von den lybischen Sicherheitskräften ohne Essen und Wasser mitten in der Wüste ausgesetzt. Statt Fluchtursachen zu beseitigen, bekämpft die EU die afrikanischen Flüchtlinge und zwingt diese auf immer gefährlichere Migrationsrouten. Damit ist die EU und mit ihr alle Mitgliedsstaaten der EU für den Tod von Migrantinnen und Migranten in der Wüste und auf hoher See mitverantwortlich.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gesine Lötzsch

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