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Gesine Lötzsch
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Frage von Jens N. •

Frage an Gesine Lötzsch von Jens N. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Dr. Lötzsch,

Ihre Fraktion fordert, die Anleihegläubiger Griechenlands per "Haircut" an der Rettung Griechenlands zu beteiligen. Das erscheint mir aus folgenden Gründen nicht ganz durchdacht:

Der Nominalzins der ausstehenden griechischen Anleihen zeigt, dass die Anleihegläubiger Griechenland Geld zu sehr moderaten Bedingungen zur Verfügung gestellt und folglich nicht gegen Griechenland gewettet, sondern auf Griechenland gesetzt haben. Auch der Erfolg der letzten beiden Emissionen ist als Vertrauensbeweis gefeiert worden.

Anleihegläubiger, die ihre Anleihen vor Fälligkeit unter dem Nominalwert zu verkaufen bereit waren und sind, spekulieren gegen Griechenland, setzen den Kurs unter Druck, säen Zweifel an der Bonität Griechenlands und werden/wurden mit realisierten Kursverlusten bestraft. Das Verhalten der Käufer hingegen kann man rational nur erklären, wenn man ihnen ein Vertrauen in die Bonität/Rettung Griechenlands unterstellt. Ihre Bereitschaft zu kaufen hat den Kurs stabilisiert, denn wenn sich kein Käufer findet, sind die Anleihen unverkäuflich und verlieren noch weiter an Wert. Die Renditen und damit auch die Refinanzierungskosten Griechenlands steigen ins Unermessliche.

Folglich haben alle gegenwärtigen Anleihegläubiger auf Griechenland gesetzt und das Vertrauen demonstriert, das von Politik und EZB beschworen worden ist.

Das Problem Griechenlands scheint darin zu bestehen, dass es in letzter Zeit zu wenige Menschen (auch Fondsmanager und Banker sind Menschen) mit einem solchen Vertrauen gegeben hat.

Wenn man Griechenland retten will, kann man auch darüber nachdenken, wer sich beteiligen sollte. Die gegenwärtigen Anleihegläubiger haben sicher ein Interesse an der Rettung. Aber m. E. sollte man, wenn man diejenigen zwangsweise einbeziehen will, die die Krise verursacht haben, woanders?

Können sie mir erklären, aus welchen Gründen Ihre Fraktion das anders sieht?

Mit freundlichen Grüßen

J. Nupnau

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Nupnau,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Die deutschen Banken halten griechische Staatsanleihen von über 30 Mrd. Euro, deren Verlust ihnen im Falle eines Staatsbankrotts Griechenlands drohte. Auf Grund dieser Situation und der Rettungsschirme für die Banken in der Vergangenheit fordere ich die Einbeziehung der Gläubiger in die Hilfssmaßnahmen für Griechenland. Ein "Haircut" würde ja kein Totalverlust bedeuten. Wenn jetzt die Steuerzahler Griechenland retten, dann ist es m.E. nicht vermessen, dass sich auch die Gläubiger an der Rettung beteiligen. Wenn Investoren die Sicherheit hätten, dass sehr riskante Papiere, die eine hohe Rendite abwerfen, eigentlich kein Risiko darstellen, weil immer die Steuerzahler einspringen, dann wäre das Risiko für Investoren gleich 0% und das der Steuerzahlern 100%. Das ist bestimmt nicht gerecht.

Mit freundlichen Grüßen,
Gesine Lötzsch

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