Frage an Gesine Lötzsch von Thomas R.
Sehr geehrte Frau Lötzsch,
die Finanzkrise trifft die Kommunen ganz besonders hart (Meldungen des Deutschen Städtetags über webgrechende Gewerbesteuereinnahmen / Absenkung der Bundesanteils an den Unterkunftskosten für Hartz IV Betroffene um fast 3% im Jahr 2010) und es ist zu befürchten, dass die Kommunen weiterhin die öffentliche Daseinsvorsorge privatisieren werden. Meine Fragen in diesem Zusammenhang:
1. Wie sehen ihre Lösungsstrategien aus, um der Privatisierung und Teilprivatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge Einhalt zu bieten?
2. Was schätzen Sie die Möglichkeit ein, bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau einen Rekommunalisierungsfond aus Mitteln der EZB (Leitzins 1 %) einzurichten, aus dem Kommunen zu einem zinsgünstigen Kredit ihre Rekommunaliserungsvorhaben finanzieren können? Denn warum sollen nur Banken in den Genuss zinsgünstigen Geldes kommen, nicht aber die Kommunen, zumal zu befürchten ist, dass die Banken den günstigen Zinssatz der EZB NICHT an die Kommunen weiterreichen werden.
3. Was halten Sie von der Idee, in den Landesverfassungen ein Antiprivatisierungsreferndum zu verankern, dass die Regierungen zwingt, vor jeder Privatisierung oder Teilprivatisierung die Bürger abstimmen zu lassen?
In freudiger Erwartung auf ihre Antwort
Thomas Rudek
Sehr geehrter Herr Rudek,
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Ich stimme Ihnen zu. Die Privatisierungen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge muss gestoppt werden. Es ist gut, dass viele Kommunen über Rekommunalisierungen intensiv nachdenken.
Dies ist aber nur möglich, wenn wir die Haushaltslage aller staatlichen Ebenen (Bund, Land und Kommune) verbessern. Für uns geht die desolate Finanzlage auch auf die Steuerpolitik der Bundesregierungen in den letzten Jahren zurück. Mit der massiven steuerlichen Entlastung von Unternehmen, Aktionären und Vermögenden unter Rot-Grün und der großen Koalition gingen natürlich auch die Einnahmen des Gesamtstaates und der Kommunen zurück. Offensichtlich will die Schwarz-Gelbe-Koalition diesen Kurs noch verstärken.
Ich denke, wir brauchen wieder höhere Steuereinnahmen, sodass die Kommunen nicht auf Grund ihrer Finanzen geneigt sind, ihr "Tafelsilber" zu verkaufen. Dies ist auch nötig, um Rekommunalisierungen voranzubringen.
Darüber hinaus ist es aber auch notwendig, den Zeitgeist der letzten Jahre zu verändern. Nur langsam setzt sich gegenwärtig die Erkenntnis durch, dass der Markt und die Privatwirtschaft nicht die besseren kommunalen Unternehmer sind und dass mit jeder Privatisierung auch ein Stück Demokratie verloren geht, weil der Bürgermeister und der Gemeinderat dann in dem privatisierten Unternehmen nicht mehr viel zu sagen haben.
Bei der KfW gibt es zur Zeit keine Überlegungen einen Rekommunalisierungsfonds aufzulegen. Allerdings sind Investitionen zur Rekommunalisierung von Aufgaben teilweise in den aktuellen Förderprogrammen der KfW förderfähig.
Ihre Idee, künftige Privatisierungen mit dem Vorbehalt eines Volksentscheides zu verbinden, finde ich sehr interessant.
Mit freundlichen Grüßen,
Gesine Lötzsch