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Gesine Lötzsch
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Frage von Georg P. •

Frage an Gesine Lötzsch von Georg P. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Dr. Lötzsch,

als Steuerzahler würde ich sehr gerne erfahren wieviel mir von meinem erarbeiteten Geld übrig bleibt. Nehmen wir an ich würde 10.000 Euro im Monat verdienen. Das bedeutet ich würde 45 Prozent direkte Steuern zahlen, dann indirekte wie die Mehrwehrtsteuer von 19 Prozent, x Prozent Inflationssteuern (der Staat druckt sich ohne Gegenleistung selbst Geld, was dessen Wert allgemein senkt), Benzinsteuern und andere Kleinsteuern. Aber selbst dann kann ich immer noch nicht frei über mein Geld verfügen, durch die Erbschaftssteuer muss ich immer noch wenigstens 30 Prozent davon an den Staat abgeben. Liege ich also richtig damit, dass ich zumindest 64 Prozent Steuern zahle, also von Januar bis Ende Juli ausschließlich für den Staat arbeite?

Dann hätte ich also noch sich die daraus folgernde weitere Frage, nämlich wofür wird mein Geld explizit ausgegeben? Ich würde gerne eine Liste haben auf der vom Bleistift bis zum Atomuboot als Geschenk für fremde Staaten alles notiert ist. So etwas müsste es doch eigentlich geben oder nicht?

Liebe Grüße,

Georg Puschnik

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Sehr geehrter Herr Puschnik,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Wenn Sie 10.000 Euro im Monat verdienten, müssten Sie den Spitzensteuersatz der Einkommenssteuer von derzeit 42% entrichten. Ein sog. Reichensteuer von 45% fiele erst an, wenn Ihr Jahreseinkommen bei über 250.000 Euro liegt.
Sie müssen aber bei Ihrem Beispiel eines bedenken: Sie zahlen den Spitzensteuersatz von 42% erst für das Einkommen, was über der Grenze von ca. 52.000 Euro liegt. Für den Teil, der darunter liegt, zahlen sie natürlich entsprechend geringere Steuersätze. D.h., auch Sie hätten mit Ihrem Jahreseinkommen von 120.000 einen Grundfreibetrag, der bei etwa 8.000 Euro liegt. Soll heißen, 8000 Euro von Ihren 120.000 Euro werden gar nicht versteuert.
Angesichts dessen und der niedrigeren Steuersätze bis zu einem Einkommen von ca. 52.000 Euro sinkt Ihr effektiver Steuersatz auf unter 42%. Sie müssten real von ihren 120.000 Euro nur ca. 37% versteuern ( http://www.bundesfinanzministerium.de ).

Auf Grund der Erhöhung Mehrwertsteuer von 16% auf 19% werden vor allen Dingen Menschen mit geringerem Einkommen zusätzlich belastet. Nachweislich ist es so, dass jene, die wenig verdienen oder von Sozialleistung leben müssen, einen Großteil ihres Einkommens für den Konsum ausgeben. Sie als Bestverdiener mit 120.000 pro Jahr dürften vergleichsweise wenig für den täglichen Konsum ausgeben. Daher halten wir diese Steuererhöhung für eine weitere Umverteilung von unten nach oben. Bei der Erbschaftssteuer bitte ich Sie zu bedenken, dass es auch hier Freibeträge und Ausnahmen gibt. Beispielsweise bleibt selbstgenutztes Wohneigentum bei überlebenden Ehegatten unabhängig von dessen Wert komplett steuerfrei, wenn die Erbin oder der Erbe zehn Jahre lang die geerbte Immobilie als Hauptwohnsitz nutzt. Für eingetragene LebenspartnerInnen und Kinder gilt diese Regelung ebenfalls, jedoch mit einer Begrenzung der Wohnfläche auf maximal 200 Quadratmeter. Darüber hinaus gibt es außerordentlich üppige Freibeträge bei geerbten Vermögen. Ehegatten müssen bis zu einem Wert von 500.000 Euro und Kinder bis zu einem Wert 400.000 Euro gar keine Erbschaftssteuer zahlen. Dies ist Vermögen, was aus keiner erbrachten Leistung hervorgeht.

Sehr geehrter Herr Puschnik, wir stellen also fest, dass Sie in Ihrem fiktiven Beispiel keineswegs 64% des Einkommens an den Staat abführen müssen. Dies wäre anders, wenn Sie abhängig beschäftigt wären, im Jahr etwa 25.000 Euro netto verdienten und davon privat für das Alter vorsorgen müssten. Diese Gruppe wird durch die seit Jahren geforderte Lohnzurückhaltung, die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge, die Zuzahlungen im Gesundheitswesen und andere Fixkosten enorm belastet. Das wollen wir ändern!

Zu Ihrer letzten Frage: In dieser Woche wird im Haushaltsausschuss des Bundestages der 2. Nachtragshaushalt der Bundesregierung beschlossen (Bitte lesen Sie auch dazu: http://www.linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1236651934). Es läuft wohl darauf hinaus, dass der Bundestag dem Regierungsentwurf zustimmt, der eine noch nie dagewesene Rekordverschuldung vorsieht. Es ist zu befürchten, dass Geld für Banken, Unternehmen und den Krieg in Afghanistan bereitgestellt wird, welches nach der Wahl wieder über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer eingetrieben werden soll. Die Logik, dass die Bürgerinnen und Bürger den Schutzschirm für Commerzbank und der Hypo Real Estate bezahlen sollen, lehnen wir ab. Die Krise sollte mehrheitlich von denjenigen finanziert werden, die sie angerichtet haben.

Mit den besten Wünschen für Ihre Zukunft und mit freundlichen Grüßen,

Ihre Gesine Lötzsch

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