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Gesine Lötzsch
DIE LINKE
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Frage von Andreas K. •

Frage an Gesine Lötzsch von Andreas K. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Dr. Lötsch,

meine Fragen beziehen sich sowohl auf die Zukunft der Opposition als auch der Regierungen in D:
1. Wie wahrscheinlich ist eine Annäherung zwischen SPD und Der Linken, wann wird Regierungsfähigkeit für ein Linksbündnis erreicht sein? Oder wird das in absehbarer Zeit nicht der Fall sein? Wie ließe sich die Situation verbessern? Lässt sich miteinander reden oder ist das einfach nicht möglich?
2. Welches Entgegenkommen hat die Linke anzubieten, um das Bekenntnis zu einem Staat zu verdeutlichen, der nachvollziehbar dokumentiertes Unrecht nicht duldet und einen Minderheitenschutz gewährleistet?
Hinter dem Eisernen Vorhang gab es keine Reisefreiheit in den Westen. Homosexualität war verboten. Folter und Todesschüsse für Freiheitsbedürftige waren Staatsrecht. Der GULAG hatte über die Jahre katastrophale Ausmaße angenommen. Das gibt es jetzt sehr glücklicherweise, ich bin sicher Sie denken auch so, nicht mehr.
Wie wär´s also, bei den Menschenrechten anzufangen und danach oder gleichzeitig materielle Ungleichheiten anzusprechen? Könnte dann nicht SPD-Kompatibilität erreicht werden?
Es gibt dazu ja im Feinschliff noch Einiges, was hier im Argen liegt bzw. verbessert werden könnte.
3. Könnte Die Linke nicht mal ihre Freiheitsbegriffe etwas herausarbeiten und der Öffentlichkeit deutlicher vorstellen, damit klargestellt wird, dass sie (sehr hoffentlich) keine Einschränkung von Freiheitsrechten beabsichtigt ?

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Knappe

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Knappe,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Zu Ihrer ersten Frage:
Ein Regierungsbündnis der LINKEN und der SPD ist aus heutiger Sicht ausgesprochen unwahrscheinlich.
Seit Jahren erleben wir eine Situation, in der die SPD sich aus unserer Sicht als nicht regierungsfähig zeigt. Unter der Regierung Schröder wurden Sozial- und Arbeitnehmerrechte massiv beschnitten und in der großen Koalition wird dies fortgeführt. Darüberhinaus werden gegenwärtig Banken und Großkonzerne gerettet, aber wenn es um die Rettung von Menschen und ihren ökonomischen Existenzen geht, passiert nichts. Das ist mit der SPD, aber nicht mit uns zu machen.

Unsere Ziele, die Erhöhung der Bezüge von Arbeitslose, die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohn und der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, scheinen mit der Programmatik der SPD nicht vereinbar zu sein. Vor diesem Hintergrund, Herr Knappe, müssen wir unsere oppositionelle Verantwortung wahrnehmen und über diesen Weg die politische Debatte im Land verändern. Ein Beispiel: Die Diskussion um den Mindestlohn gäbe es ohne eine starke linke Kraft im Parlament nicht!

Bitte gestatten Sie mir, Ihre zweite und dritte Frage zusammen zu beantworten.

DIE LINKE wendet sich gegen jede Form von gesellschaftlichem Unrecht. Mit Blick auf die Vergangenheit und Gegenwart protestieren wir gegen staatliche wie ökonomische Unterdrückung. Jede Form von autoritärem Sozialismus lehnen wir entschieden ab.
Sofern man aber den Maßstab hat, jedes gesellschaftliche Unrecht zu überwinden, muss auch unsere gegenwärtige Gesellschaft kritisch betrachtet werden. Ein wahres freiheitliches Gemeinwesen beschränkt sich nämlich aus unserer Sicht nicht nur auf Freiheiten des Unternehmertums und der Aktionäre, sondern gewährleistet auch die Freiheit von Menschen, die aus dem Arbeitsprozess auf Grund der Wirtschaftsentwicklung oder privatem Profitstreben von Finanzinvestoren ausgegliedert wurden. Wir erleben doch in unserer heutigen Gesellschaft massive Freiheitsdefizite von Hartz-IV-Empfängern und deren Kinder (2, 6 Mio. Kinder leben in unserem Land in Armut!), von Rentnern, die von ihrer Rente allein nicht leben können oder von Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor, die in frühkapitalistischer Manier ausgebeutet werden. Das sind Freiheitsdefizite, die DIE LINKE in unserer reichen Gesellschaft diagnostiziert.
Aber offenbar als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien. Diese Einschränkungen eines freien und selbstbestimmten Lebens politisch zu überwinden, ist unser Antrieb! Für die SPD seit Jahren leider nicht mehr!

Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute und verbleibe
mit freundlichen Grüßen,

Ihre Gesine Lötzsch

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