Frage an Gerhard Schick von Wolfgang S. bezüglich Finanzen
guten tag,
die ursachen für die jetzige finanzkrise sind ja schnell beschrieben ( deregulierung, deregulierung, verbriefung von krediten, verlagerung von risiken in zweckgesellschaften, steuerfreiheit für "heuschrecken" etc.) und die meisten politiker der SPD, GRÜNEN, CDU, die sich vor ein paar wochen noch ganz anders anhörten, äußern sich in öffentlichen auftritten so, als ob sie mit der politik und den ursachen seit 1998 und dann wieder 2005 nichts zu tun hätten.
wenn man diesen nebel aus interviews, verlautbarungen, talk shows, reden usw. einmal beiseite lässt:
was tut sich eigentlich konkret in ihren fraktionen? gibt es gesetzesinitiativen (ihrer fraktion oder anderer), absichten bestehende gesetze, die mit ursache dieses debakels sind, zu ändern oder abzuschaffen?
oder können wir uns darauf verlassen, dass das bestreben der regierung und der GRÜNEN lediglich darin besteht, mit aktionismus zu vertuschen, dass die gesetzlichen mit-ursachen der krise unangetastet bleiben?
mit freundlichen grüßen,
wolfgang scheurer
Sehr geehrter Herr Scheurer,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Wir Grünen haben nie zu denen gehört, die einem ungezügelten Finanzmarkt das Wort geredet haben. Richtig ist aber, dass über Finanzmarktpolitik in Deutschland vor Ausbruch der aktuellen Krise vor rund anderthalb Jahren nicht breit genug diskutiert worden ist. Vielfach ging es nur darum, mit einer Art Finanz-Standortpolitik dafür zu sorgen, dass sich der Bankenplatz Frankfurt auch im internationalen Vergleich behaupten kann; Fragen des Anlegerschutzes und der Finanzmarktstabilität wurden viel zu wenig berücksichtigt. Wir haben jetzt die Chance für eine Renaissance der Politik, die so kaum jemand erwartet hat. Ob diese Chance von den maßgeblichen Staaten auch ergriffen wird, ist offen. Es ist eine Frage von politischen Mehrheiten. Wir Grünen werden innerhalb und außerhalb der Parlamente darauf hinwirken, dass die Finanzmärkte stabiler werden, dass die Regeln sich an den Interessen der VerbraucherInnen orientieren und dass die Finanzmärkte einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten.
Da Sie konkret nach parlamentarischen Initiativen gefragt haben: Als finanzpolitischer Sprecher habe ich gemeinsam mit anderen eine ganze Reihe von entsprechenden Anträgen in den Bundestag eingebracht. Im Internet finden Sie diese unter www.gruene-bundestag.de --> Themen --> Finanzen. Dabei geht es unter anderem um eine neue Finanzmarktverfassung national, EU-weit und international, eine Kommentierung des Rettungspakets der Bundesregierung und den Verbraucherschutz auf den Finanzmärkten. Positionen zu weiteren Aspekten finden Sie auch auf meiner Homepage unter www.gerhardschick.net. Zudem haben wir auf dem Parteitag Mitte November in Erfurt einen umfangreichen Antrag beschlossen, in dem wir in einem Grünen New Deal die drei großen Krisen Finanzmärkte, Klima und Ernährung thematisieren und Lösungsvorschläge machen ( http://www.gruene.de/cms/default/dokbin/258/258004.gruener_new_deal.pdf ). Es geht uns darum, dass diese drei Weltkrisen nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen sondern zusammen gelöst werden müssen. Damit sind wir übrigens nicht allein: Vorige Woche plädierten die Regierungschefs von Indonesien, Polen und Dänemark sowie der UN-Generalsekretär ebenfalls für einen Grünen New Deal.
Womit wir leider nicht erfolgreich waren, war die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss, der dringend nötig gewesen wäre, um die Schwächen der Finanzaufsicht, also bei BaFin und Bundesbank, aber auch beim BMF aufzudecken. Die FDP hat sich einem solchen Untersuchungsausschuss verweigert. Dadurch wird es schwierig, Verbesserungen bei der Finanzaufsicht durchzusetzen.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick