Frage an Gerhard Schick von Fritz J. bezüglich Finanzen
Ich habe einen Sparbrief bei der BHW-Bank. Im Juli erhielt ich Post von der Postbank mit der Mitteilung, sie führe mich jetzt als Kunden. Ich habe sofort widersprochen und mit Sonderkündigungsrecht gefordert, meine Anlage auszuzahlen. Seither geht es hin und her. Die Postbank weigert sich unter Hinweis auf das Umwandlungsgesetz, mein Geld rauszurücken.
Ich will einfach nicht mitmachen, wenn Banken sowohl Kredite, als auch Einlagen einfach weiterverkaufen.
Meine Frage ist, ob ich richtig liege mit dem Sonderkündigungsrecht.
Danke im Voraus für Ihre Auskunft.
PS: Mein Sohn Florian war bis zum Wegzug (Studium) stellv. Vorsitzender der Grünen im Alb-Donau-Kreis.
Sehr geehrter Herr Jäger,
ich kann Ihr unangenehmes Gefühl, plötzlich ohne Vorankündigung eine neue Vertragspartei vorgesetzt zu bekommen, gut nachvollziehen. Wir haben uns mit dieser Problematik bei den so genannten "Schrottimmobilien" ausführlich beschäftigt. In der von Ihnen berichteten Konstellation ist sie mir allerdings neu und daher bin ich Ihnen dankbar, mich in dieser Form darauf aufmerksam gemacht zu haben.
Rein juristisch ist es so, dass grundsätzlich ein Schuldneraustausch in Vertragsverhältnissen nur mit Zustimmung des Gläubigers erfolgen darf. Im Klartext: Da bei einem Sparbrief die Bank die Schuldnerin ist und Sie der Gläubiger sind, müssten Sie bei einer Übernahme des Sparbriefes durch die Postbank grundsätzlich um Erlaubnis gefragt werden. Jetzt kommt leider das große Aber: Es gibt für Unternehmen die Möglichkeit, Umstrukturierungen und Fusionen vorzunehmen, die nach dem "Umwandlungsgesetz" zu vollziehen sind. Bei diesen Maßnahmen, von denen auch BHW-Bank und Postbank Gebrauch gemacht haben, gehen die Rechte und Pflichten der BHW-Bank quasi automatisch auf die Postbank über. Das ist gesetzlich in dieser Weise vorgeschrieben. Dieser Eingriff in das Vertragsverhältnis wird aber dadurch kompensiert, dass zahlreiche Sicherungsrechte vorgesehen sind, die verhindern, dass die Gläubiger -- in dem Fall also Sie -- durch solche Umstrukturierungen finanzielle Nachteile erleiden.
Bei Ihrem Fall geht es ja aber nicht um die Bedenken, dass Sie einen ganz konkreten Nachteil durch die Übernahme hätten, sondern Sie fühlen sich durch die Vorgehensweise hintergangen. Diesen berechtigten Interessen von Betroffenen wird prinzipiell zwar durch die Einräumung eines außerordentlichen Kündigungsrechts Rechnung getragen. Allerdings existiert dieses Kündigungsrecht nur dann, wenn die Fortführung des Vertragsverhältnisses unter den geänderten Umständen unzumutbar ist. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn für die Abwicklung des Vertragsverhältnisses eine bestimmte Person bei der BHW-Bank zuständig war und ein adäquater Ansprechpartner bei der Postbank fehlte. Dies gilt allerdings nur für sehr vertrauensvolle und persönliche Vertragstypen, worunter ein Sparbrief nicht fällt.
Fazit: Obwohl ich Ihr Unbehagen nachvollziehen kann, scheint Ihnen nach der jetzigen Rechtslage leider kein Kündigungsrecht zuzustehen.
Nun ist der rechtliche Status quo für uns als Gesetzgeber kein Grund, nicht über Änderungen nachzudenken -- ganz im Gegenteil. So haben wir Grüne uns in der Vergangenheit vehement für die Rechte der Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer eingesetzt, deren Darlehen von Banken an Finanzinvestoren verkauft wurden. Hier haben wir die Einführung eines außerordentlichen Kündigungsrechtes diskutiert. Allerdings sind diese Angelegenheiten deutlich vertrauensvoller und persönlicher als ein anonymerer Sparbrief. Somit ist die Vergleichbarkeit etwas eingeschränkt.
Dennoch bin ich dankbar für Ihre Zuschrift. Zum wiederholten Male erhalte ich damit Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger, dass das Umwandlungsrecht quasi zur Umgehung von Regelungen des BGB genutzt wird. Ich werde hier parlamentarisch nachhaken und dagegen eintreten, dass das Umwandlungsrecht Unternehmen die bequeme Umgehung von Mitspracherechten der Kundinnen und Kunden ermöglicht.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick