Frage an Gerhard Schick von Detlef B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Schick,
am 24.9. d.J. hat der Finanzausschuss in geheimer (!) Sitzung über die allseits bekannte Problematik KFW, IKB usw. beraten. Warum war diese Sitzung geheim?
Es sind Beträge im 3-stelligen Millionenbereich verbrannt worden, die, ob nun direkt oder indirekt, zu Lasten des Steuerzahlers gehen. Hat der Steuerzahler kein Recht zu erfahren, was dort vorgegangen ist? Hat der Steuerzahler kein Recht zu erfahren, wer Verantwortung trägt, sei es, dass es um die Verantwortung der Manager der KFW geht, sei es, dass es um ein Versagen des Verwaltungsrats, mehrheitlich mit führenden Politikern besetzt, geht? Was hat die Politik zu verbergen? Kann es sein, dass es nur darum geht, eine offene Konfrontation zwischen den Ministern Steinbrück und Glos zu vermeiden, um den Koalitionsfrieden zu sichern?
Ein derartiges geheimes Vorgehen schürt ein weiteres Mal das Misstrauen des Bürgers in die Politik. Ich denke, dass ein öffentlich tagender Untersuchungsausschuss zwingend nötig ist.
Mit freundlichen Grüßen
Detlef Böttcher
Sehr geehrter Herr Böttcher,
wenn die Bundesregierung über 10 Milliarden Euro Verluste für die öffentliche Hand bei der Stützung einer Bank erwartet, diese dann offensichtlich unter Wert verkauft oder die KfW 300 Millionen an ein Pleite gegangenes Institut überweist, dann sind das öffentlich zu diskutierende Angelegenheiten -- gar keine Frage. Und sie werden ja auch in der Öffentlichkeit debattiert, zum Beispiel im Bundestagsplenum oder in den Medien. Das ist bitter nötig, denn es wird immer offensichtlicher, dass Aufsichtsstrukturen versagt haben und gravierende Fehlentwicklungen eingetreten sind, die korrigiert werden müssen -- mit dem Druck der Öffentlichkeit im Rücken. Deswegen sprechen wir Grüne uns für einen Untersuchungsausschuss aus, der die Vorgänge aufklären soll. Die Linke hat das ebenfalls bereits beschlossen, nun muss nur noch die FDP zustimmen.
Aber nun zur Frage der Geheimhaltung: Wir als Parlamentarier sind natürlich daran interessiert, uns so detailliert wie möglich über diese Vorgänge zu informieren. Das ist aber bei manchen Themen nur in einer geheimen Sitzung möglich, z.B. wenn es um geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse privater Institute geht. In der jetzigen schwierigen Situation auf den Finanzmärkten kann es auch sinnvoll sein, bestimmte Informationen nicht an die Öffentlichkeit zu geben, weil es eine Bankpleite hervorrufen könnte. Nicht zuletzt ermöglicht eine nicht-öffentliche Sitzung häufig einen sachlicheren Umgang mit den Sachverhalten. Dann wird weniger Profilierungsreden gehalten, sondern präzise Fragen gestellt. Deswegen ist eine Mischung aus öffentlichen Debatten im Plenum, nicht-öffentlichen Ausschuss-Sitzungen und -- in konkreten Einzelfällen -- auch geheimen Sitzungen meines Erachtens für die Demokratie richtig. Ich habe allerdings den Eindruck, dass wesentlich mehr öffentlich gemacht werden sollte -- schließlich geht es um das Geld der Bürgerinnen und Bürger.
In der konkreten Sitzung wurde der IKB-Verkauf beraten (nicht die Überweisung an Lehman Brothers -- das war der nicht-geheime Teil der Sitzung). Durch die Geheimhaltungspflicht sollten die Interessen des Käufers, eines privaten Unternehmens, gewahrt werden. Wenn das die öffentliche Hand nicht täte, müsste sie -- zu Recht -- mit Regressforderungen des betroffenen Unternehmens rechnen, denen nach entwickelter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts normalerweise stattgegeben würde. Das wäre nicht im Interesse der SteuerzahlerInnen. Dass die Sitzung geheim war, hat also nichts mit einer gewollten Verschleierungstaktik gegenüber der Öffentlichkeit zu tun. Aus diesem Grund wird auch der hoffentlich stattfindende Untersuchungsausschuss teilweise geheim tagen.
Wie gesagt gebe ich Ihnen aber Recht, dass die Öffentlichkeit so genau wie möglich erfahren muss, was rund um IKB und KfW gelaufen ist -- tatsächlich nicht zuletzt, um das von Ihnen angesprochene Misstrauen zwischen Bevölkerung und Politik nicht entstehen zu lassen. Solange sich die Informationen im gesetzlichen Rahmen befinden, werden wir als Opposition deshalb weiter starken Druck ausüben, dass sie ans Tageslicht gelangen. Mindestens das sind wir den deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern schuldig.
Viele Grüße
Gerhard Schick