Frage an Gerhard Schick von Roland F. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Schick,
der BGH hat in einem Grundsatzurteil entschieden, dass der Aufruf zum Dschihad, also der Aufruf zum Mord an den Ungläubigen, nicht strafbar ist. Das bedeutet de facto, das jeder Mullah, dessen Richtlinien kraft seiner religiösen Autorität durch den Gläubigen zu befolgen sind, zum Mord an den deutschen und anderen Mitbürgern aufrufen darf, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Nur der dumme indoktrinierte und aufgehetzte Täter, der dieser absoluten Autorität folgt ist der Dumme und natürlich diejenigen, die Opfer der Anschläge etc. werden.
Dies ist nicht nur meiner Meinung nach nicht mehr verständlich.
Hat Deutschland in der Vergangenheit nicht genügend Erfahrungen mit Hetzern und Verhetzern?
Gilt Volksverhetzung nur gegenüber rechtem Gedankengut?
Nachdem der Damm nun durch das o.g. Urteil gebrochen wurde, wer will es anderen Religionen zwecks Verteidigung ihrer Gläubigen verwehren nun auch zu einem heiligen Krieg in Namen der eigenen Verteidigung aufrufen. Jeder der verbal angegriffen wurde, darf nunmehr auch in gleichem Masse verbal attackieren.
Angesichts des bemitleidenswerten Zustandes unseres Landes, das einer Bananenrepublik nicht mehr fern ist, kann wohl nur eine überparteiliche Bewegung der politischen Klasse unseres Landes klarmachen, das es so nicht weitergeht.
Roland Fath
Sehr geehrter Herr Fath,
vielen Dank für Ihre Mail vom 25. Mai, in der Sie ein Grundsatzurteil des BGH kritisieren, demzufolge man in Deutschland ohne Strafverfolgung zu befürchten zum "Mord an Ungläubigen" aufrufen könne. Bitte entschuldigen Sie meine verspätete Antwort.
In der Tat wird in einigen Moscheen rassistisches und antidemokratisches Gedankengut gelehrt und gepredigt. Dieses Problem ist seit längerem bekannt und erhält durch dieses Grundsatzurteil eine besondere Brisanz.
Bis zum Jahr 2003 war jede Art der Werbung für eine terroristische Vereinigung strafbar. Übrigens brachte diese Regelung in den 70er Jahren die so genannte Sympathisantenszene der Rote Armee Fraktion ins Visier der Ermittler. Im Jahr 2003 dann nahm die rot-grüne Bundesregierung die Sympathiewerbung für Terrorgruppen von der Strafbarkeit aus. Die damalige Regierung wollte die Meinungsfreiheit stärken. Die Rot-Grüne Regierung legte seinerzeit, das will ich Ihnen hier auch eingestehen, die Grundlage für die Entscheidung des BGH vom Mai 2007.
Wenn man davon ausgeht, dass wir uns in einem aufgeklärten Land befinden mit aufgeklärten Bürgern, deren höchstes Gut die Freiheit und deren vornehmstes Recht die Verteidigung derselben ist, ist das Vorgehen der damaligen Bundesregierung mehr als verständlich. Dafür ist es eben auch unerlässlich, dass nicht jede sicherlich moralische fragwürdige Handlung sofort zu einer Verurteilung führt. Die Meinungsfreiheit deckt eben auch jene Gedanken und Äußerungen, die verletzend und vielleicht auch böswillig sein mögen. Bei einer besonderen Schwere und/ oder volksverhetzendem Charakter der Aussagen ist eine Anklage auf Grund von § 130 StGB Volksverhetzung aber möglich und in dem von Ihnen beschriebenen Sachverhalt auch durchaus denkbar. Das heißt, dass die §§ 129, 129a StGB (Bildung einer kriminellen/ Bildung einer terroristischen Vereinigung) auch wirklich nur auf den tatsächlich Tatbestand und nicht auf eine vermutete oder auch tatsächliche Geisteshaltung angewendet werden sollen. Nur wenn jemand auch organisatorisch tatsächlich eine terroristische Vereinigung „bilder“ und nicht nur in allgemeinen Hasstiraden davon redet, kann er auf dieser Anspruchsgrundlage angeklagt und verurteilt werden. Auch wenn es dadurch eben zu jenem, auf den ersten Blick verwirrenden Urteil des BGH gekommen ist, handelt es sich im Kern um eine wichtige Klarstellung im deutschen Recht. Einer Strafverfolgung entgehen die „Hassprediger“ deswegen noch lange nicht, nur die §§ 129, 129a sind dazu eben ungeeignet.
Einig sind wir uns aber darin, dass, wenn man erkennt, dass in diesem aufgeklärten Land eine Gruppe die Freiheit dazu nutzt, eben diese Freiheit zu bekämpfen mit dem Ziel, sie gänzlich zu eliminieren, der Staat die Freiheit vor diesen Leuten schützen muss. Und genau das tut der Staat, indem er diese Personengruppen bei begründetem Verdacht observiert und bei hinreichender Beweislage auch anklagt und verurteilt.
Ich hoffe, das beantwortet Ihre Frage.
Mit freundlichem Gruß
Gerhard Schick