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Gerhard Schick
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Frage von Roland F. •

Frage an Gerhard Schick von Roland F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Schick,
wieso transferiert die BRD Entwicklungshilfe an China, obwohl dieses Land wirtschaftlich enorm prosperiert und unter anderem Ende 2006 eine Devisenreserve von 769 Mrd. US-Dollar aufweist. Wieso leisten wir uns diesen Luxus angesichtes einer Verschuldung unseres Staates von 1485 Mrd. Euro und einer pro Kopf Verschuldung von 18.006 Euro.

Angesichts der Situation in unserem Lande (z.B.ausfallende Rentenerhöhungen, volle Krankenkassenbeiträge) aber steigender Belastungen der Bevölkerung (z.B. Krankenkassenbeiräge, MWST-Erhöhung) mangelde Bildung wegen zu wenig Lehrer, ausbleibende Renovierung von Schulen aus Geldmangel usw. usw. usw. fehlt mir jegliches Verständnis für eine Entwicklungspolitik, die diktatorischen Ländern, die den Status eines Entwicklungslandes längst verlassen haben, Entwicklungshilfe zahlt.

Insofern bitte ich Sie, mir zu erläutern, wie die genannten Zahlung begründet wird,

besten Dank
Roland Fath

Quelle der Zahlen:
FAZ vom 13.1.07 -Devisen und Rohstoffe- "Titel: China will seine Rendite aus Devisenreserven steigern" und
Bund der Steuerzahler v. 14.2.06

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Fath,

ich danke Ihnen für Ihre Email bezüglich der Entwicklungshilfe für China.

Sie haben natürlich Recht, dass China die größten Devisenreserven der Welt besitzt. Und dass Chinas Wirtschaft schon seit Jahren sehr schnell wächst. Dessen war sich schon die rot-grüne Bundesregierung bewusst und deshalb hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit das sogenannte „Ankerländerkonzept“ auf den Weg gebracht, wonach Deutschland Länder wie Indien, Brasilien, Südafrika oder eben China eine andere Rolle zukommen lässt als beispielsweise den Staaten in Subsahara-Afrika. Unsere Kooperation mit China hat sich verändert und modernisiert, sie konzentriert sich auf die Vermittlung von Know-how, und zwar vor allem in Bereichen Umweltschutz, erneuerbare Energien, Aufbau der Marktwirtschaft, Abfallentsorgung und Transport. Bei den finanziellen Mitteln, die China neben der technischen Zusammenarbeit zur Verfügung gestellt werden, handelt es sich nicht um Schenkungen, sondern um Kredite zu marktnahen Konditionen.

Zu Ihrer Frage, warum ein Teil der Staatsmittel für die Entwicklungszusammenarbeit mit China ausgegeben wird: Trotz der hohen Wachstumsraten in den letzten Dekaden gehört China immer noch zu Entwicklungsländern, es ist sogar das größte Entwicklungsland der Welt! Wegen der völlig differenzierten Entwicklungen in den Städten und am Lande gibt es in China nach inoffiziellen Schätzungen noch um 400 Millionen absolut Arme. Interessanterweise setzen sich die Kirchen stark dafür ein, dass in Bezug zur Bekämpfung der Armut als eines der wesentlichen Ziele der Milleniumentwicklungsziele, die Länder Indien und China in Fokus des Interesses bleiben, weil die meisten armen Menschen dieser Welt in diesen beiden Ländern wohnen.

Armut in Teilen Chinas ist aber nur einer der Gründe für unser dortiges Engagement. Fast noch wichtiger ist Chinas Rolle in der Welt. Kein globales Problem kann heute ohne die Beteiligung des größten Landes der Welt gelöst werden. Deshalb ist unsere Entwicklungszusammenarbeit mit China auch kein Luxus, sondern ein deutsches Interesse. Die Industrien der „Weltfabrik“ China gehen mit Ressourcen verschwenderisch um, sie verbrauchen dreimal mehr Energie als im weltweiten Schnitt und achtmal mehr als in Deutschland. Daher ist China heute der weltgrößte SO_2 - und zweitgrößte CO_2 -Emittent. Diese Entwicklungen haben nicht nur regionale, sondern auch erhebliche globale Auswirkungen. Chinas Regierung hat schon die Notwendigkeit des schnellen Handelns in Bereichen des ineffizienten Energie- und Rohstoffgebrauchs und der Umweltverschmutzung selbst erkannt, es fehlt ihr jedoch an technologischem Know-how. Deswegen die Bitte von Seiten chinesischer Politiker, dass Deutschland sich an der Verbesserung der Situation beteiligt.

Zum Schluss möchte ich noch bemerken, dass ich Ihre Sorgen über die politische Situation in China teile. Ich bin davon überzeugt, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit eine wichtige Brücke zum politischen Dialog ist. Wenn wir diese Möglichkeit aufgeben würden, hätten wir keine Chance, die Situation in China zum Besseren zu beeinflussen.

Ich hoffe, dass ich damit Ihre Fragen beantworten konnte.

Mit freundlichen Grüssen
Gerhard Schick