Frage an Gerhard Schick von Juergen V. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Schick,
bei der Beratung des BAMF zu Flüchtlings-Fragen steht seit September Mc Kinsey zur Seite. Mc Kinsey soll in Detailfragen wie z.B. bei der Abschiebungsproblematik beraten, wie Fr. Merkel in der Sommerpressekonferenz mitteilte.
Warum wird die Beratungsfirma in diesen Fragen hinzugezogen? Im Ministerium arbeiten Beamte mit z.T. fünfstelligen Gehältern und brauchen trotzdem Beratung? Zudem kam Staatssekretärin Suder auch von dieser Firma. Mc Kinsey ist bisher meist nur mit Stellenabbautipps oder Umgehung von Tarifverträgen bei Unternehmen aufgefallen. Diese Beratungsfirma soll jetzt in sensiblen Fragen wie der Flüchtlingspolitik Lösungen anbieten?
Mit bestem Dank für die Beantwortung und freundlichem Gruß
J. Vanselow
Sehr geehrter Herr Vanselow,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Grundsätzlich teilen Herr Frank-Jürgen Weise als Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und ich wohl die Auffassung, dass durch die gestiegenen Flüchtlingszahlen Handlungsbedarf bei der Funktionsfähigkeit seiner Behörde bestanden hat. Nur wenn das BAMF gut funktioniert, können Flüchtlingsaufnahme, die Durchführung der Asylverfahren und die Integration gelingen.
Allerdings enden hier die gemeinsamen Überzeugungen von Herrn Weise und mir, gerade mit Blick darauf, wie ein solcher Prozess eingeleitet werden kann. Herr Weise hatte ja bereits als Leiter der Bundesagentur für Arbeit externe Beratungsleistungen hinzugezogen. Diesen Schritt ist er nun als Leiter des BAMF erneut gegangen. Aus einer Kleinen Anfrage meiner Kollegin Luise Amtsberg im Bundestag zur „Bearbeitung von Asylanträgen und Änderung der Organisationsstruktur“ ( http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/082/1808204.pdf ) ging im Übrigen hervor, dass nicht nur ein Beratervertrag mit McKinsey über mehr als 9 Mio. € abgeschlossen wurde, sondern ebenfalls mit den Beraterfirmen Roland Berger (970.000€) und Ernst & Young (1,3 Mio. €). Diese Leistungen wurden aufgrund der „akuten Eilbedürftigkeit“ freihändig vergeben. Allein dieser Vorgang ist bereits mehr als fragwürdig.
Das Ergebnis dieser Beratertätigkeiten war die Entwicklung des „Integrierten Flüchtlingsmanagements Deutschland“, welches die Errichtung von Ankunftszentren und die dortige Bearbeitung in Fall-Clustern vorsieht, sowie die Digitalisierung der Asylverfahren. Die Zahlen in der Antwort zur o.g. Anfrage lassen nun jedoch die Schlüsse zu, dass sich weder die Bearbeitungszeit der Asylverfahren noch die Qualitätssicherung von Asylentscheidungen verbessert haben. Im Gegenteil zeigen die Zahlen über die Dauer der Verfahren, die Verteilung auf Außenstellen und die tatsächlichen Verfahrensabschlüsse, dass sich die Bearbeitungszeit verlängert hat. Die Qualitätssicherung beschränkt sich zudem faktisch auf die Aufrechterhaltung der Abläufe.
Dieser Vorgang macht einmal mehr deutlich, dass Asylverfahren nicht wie andere Verwaltungsvorgänge exakt getaktet werden können, denn hier geht es um Menschen, die Krieg, Folter, Inhaftierungen und Diskriminierungen erlitten haben. Das Heranziehen von externen Beraterfirmen, wie hier im Fall des BAMF, ist meiner Ansicht nach daher der absolut falsche Weg. Vielmehr sollte für eine frühzeitige und unabhängige Asylverfahrensberatung in allen Außenstellen und Ankunftszentren des BAMF gesorgt werden. Wenn die Asylsuchenden über die Abläufe gut informiert sind, dann ist dies auch ein wichtiger Beitrag zur Verfahrensbeschleunigung.
Ein letzter kurzer Hinweis, wenn Sie sich für die Vergabe von Aufträgen an externe Dritte interessieren: Aus einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke geht hervor, dass diese drei Aufträge vom BAMF keine Einzelfälle sind. Allein in der 18. Legislaturperiode wurden 65 Verträge durch das Bundesinnenministerium und seinen nachgeordneten Behörden an externe Auftragnehmer vergeben ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/079/1807987.pdf ).
Beste Grüße
Gerhard Schick