Frage an Gerhard Schick von Andreas G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Schick,
In Deutschland werden Arbeitseinkommen zwischen 49 % und 34 % belastet. Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen nach Einführung der Abgeltungssteuer lediglich einer Belastung von maximal 28,63 %. Damit liegt die Belastung von Arbeitseinkommen um bis zu 20 % höher als die Belastung von Kapitaleinkommen. Es ist offensichtlich das hier unproduktive Einkommen steuerlich gefördert, produktives Einkommen steuerlich belastet wird. Nun wird diskutiert die Abgeltungssteuer wieder abzuschaffen. Dabei ist die Besteuerung von Kapitaleinkünften an der Quelle ein gut funktionierendes System. Zu dem sichert es dem Fiskus stetig fließende Steuereinnahmen. Die beabsichtige Vereinfachung im Steuerrecht ist tatsächlich eingetreten. An dem bestehenden System sollte daher keine Änderungen erfolgen. Eine Lösung für das Problem, an dem System der Besteuerung von Kapitaleinkünften an der Quelle mit gesondertem Steuersatz festzuhalten, aber die Begünstigung von Kapitaleinkünften gegenüber Arbeitseinkommen abzuschaffen, ist meiner Ansicht nach, die Erhöhung des Steuersatzes für Kapitaleinkünfte auf 40 %. Mit Soli.Zuschlag und Kirchensteuer ergäbe sich eine Belastung von ca. 46 %. Gleichzeitig sollte die Prüfung nach § 32d Abs. 6 EStG (Günstigerprüfung) abgeschafft werden. Damit wären dann Kapitaleinkünfte über dem Sparerfreibetrag immer mit einem Steuersatz versteuert die der durchschnittlichen Belastung von Arbeitseinkommen entspricht. Flankierend hierzu sollte der Sparerfreibetrag vervierfacht werden. Kleine Sparvermögen wären dann auch bei steigenden Zinsen von der Erhöhung der Abgeltungssteuer nicht betroffen. Nur Besitzer von großen Vermögen wäre von der Erhöhung betroffen. Darüber hinaus könnten die steigenden Einnahmen aus der Abgeltungssteuer verwendet werde, um z.B. den Arbeitnehmerpauschbetrag auf 2.000 EUR zu verdoppeln. Dies würde zu einer Entlastung der Arbeitnehmer führen. Mich würde Ihre Meinung hierzu interessieren.
Andreas Giebel
Sehr geehrter Herr Giebel,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihre steuerrechtliche Einschätzung zur Frage der Abgeltungsteuer. Meine Kollegin Lisa Paus, MdB, hat dieses Thema im unserer Fraktion federführend bearbeitet . Ich antworte Ihnen daher gemeinsam mit ihr.
In der Tat fordert die Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen die Abschaffung der Abgeltungsteuer in ihrer jetzigen Form. Dabei folgt die Fraktion der von Ihnen angeführten Argumentation, unproduktive Einkommen nicht auch noch steuerlich zu begünstigen. Das ist eine Frage der Steuergerechtigkeit (sehen Sie dazu bitte auch unseren Antrag "Abgeltungsteuer abschaffen" aus dem vergangenen Jahr). Auch wenn die Fraktion eine Rückkehr zur progressiven Besteuerung fordert, so finden wir Ihren Vorschlag durchaus interessant. Die Grünen setzen sich seit langem für einen vereinfachten und effektiven Steuervollzug ein. Voraussetzung dabei ist, dass die Vereinfachung nicht auf Kosten der Gerechtigkeit geht. Eine abgeltend wirkende Kapitalertragsteuer in Höhe von 40% ist in Bezug auf hohe Kapitaleinkünfte sicherlich ein Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit. Ob das rechtlich machbar wäre, ohne den Abzug tatsächlicher Werbungskosten zuzulassen, wäre jedoch zu prüfen. Zudem stellt sich die Frage, wie mit Steuerpflichtigen mit einem persönlichen Steuersatz von weniger als 40% zu verfahren wäre. Ob hier eine Günstigerprüfung versagt werden kann- wie Sie es vorschlagen- bleibt offen. Hier verstößt diese Steuer dann unter Umständen gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip sowie gegen die Gleichbehandlung. Ob die Vervierfachung des Sparer-Pauschbetrags dieses Problem lösen kann, bleibt aus unserer Sicht zumindest fraglich, da es immer auch auf das (weitere) individuelle Einkommen der Steuerpflichtigen ankommen wird.
In einem Gesetzgebungsverfahren zur Abschaffung der Abgeltungsteuer wird sich die Bundestagsfraktion mit Sicherheit sinnvollen Lösungen nicht verschließen. Unabhängig von der konkreten Einkunftsart halten wir eine progressive Besteuerung generell für gerecht und angemessen.
Beste Grüße
Lisa Paus
Gerhard Schick