Frage an Gerhard Schick von Sabine M. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Schick,
ich bin SPD-Genossin und habe dem "Tagesspiegel" vom Sonntag entnommen, daß Sie DER Experte im Bankangelegenheiten sind. ich wende mich an Sie in meiner Eigenschaft als Redakteurin einer SPD-Bezirkszeitung in Berlin (Tempelhof-Schöneberg), denn ich schreibe einen Artikel über Banken in Schöneberg. In diesem Zusammenhang hatte ich an den deutschen Bankenverband eine Frage zur Zinspolitik der Banken, genau gesagt, warum die Soll- und Habenzinsen so erheblich differieren ,geschickt (Dispozinsen ausgenommen) Ich bezog mich in meiner Anfrage auf das KWG und die "goldene Bankregel", nach der sich Soll- und Habenzinsen entsprechen müßten. Ich bekam zur Antwort,daß es nichts damit zu tun habe, daß die Zinssätze von unterschiedlichen Höhen ausgehen, sondern daß sie in gleichem Maße steigen und fallen würden, und damit der "Goldenen bankregel" genüge tun. Die unterschiedlichen Höhen seien somit in Ordnung. Ich halte diese Auslegung der "Goldenen Bankregel" für eine Ausrede. Ich kann mich an die Zeit meiner Ausbildung als Bankkauffrau erinnern, daß Sparbriefe mit langer laufzeit den gleich hohen Zinssatz hatten wie Kredite mit entsprechend langer laufzeit, nämlich 6 %. Das war die "goldene Bankregel." das macht auch Sinn hinsichtlich der Bankbilanzierungsvorschriften, nach denen sich Aktiva und passiva bei der Gegenüberstellung entsprechen müssen. Alles, was ich wissen will,ist: Gibt es die "Goldene Bankregel" nicht mehr ? Wenn ja, warum nicht? Weshalb dürfen Banken heutzutage bei den Sollzinsen zuschlagen und brauchen keine Habenzinsen zahlen? Hoffe auf schnelle Beantwortung bis zum 11.2. ( wegen Redaktionsschluß dann), aber bitte auf jeden Fall anworten, auch wenns parteiübergreifend ist. Danke vorab.
Mit freundlichen Grüßen Sabine Mauer
Sehr geehrter Frau Mauer,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Soll- und Habenzinsen werden in Deutschland von Banken im Markt freiverantwortlich festgelegt. Gesetzlich besteht hier lediglich die weite Obergrenze, die das Wucherverbot in § 138 Bürgerliches Gesetzbuch zieht. Insbesondere kennt das deutsche Recht kein Kopplungsmechanismus oder Gleichlaufgebot für Soll- und Habenzinsen.
Banken erwirtschaften gerade aus der Differenz von Soll- und Habenzinsen ihren Gewinn. Daran ist grundsätzlich nichts auszusetzen. Problematisch ist aber, wenn die Zinssätze der Kreditinstitute sich dauerhaft von der Entwicklung des Leitzinses entkoppeln, Banken etwa immer höhere Sollzinsen, gleichzeitig aber immer niedriger Habenzinsen veranschlagen. Das deutet dann auf ein Marktversagen hin. Dieses Problem können wir derzeit etwa bei den Dispozinsen beobachten. Die Grüne Bundestagsfraktion hat daher mit ihrem Antrag vom 7.5.2014 die Begrenzung von Dispositions- und Überziehungszinsen gefordert (Bundestag Drucksache 18/1342).
Ihr
Gerhard Schick