Frage an Gerhard Schick von Joerg L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Schick,
im Zusammenhang mit den Steueroasen - u.a. auf den Caimann - Inseln, ist erschreckend in welcher Höhe auch von deutschen Unternehmen Gelder aus der Differenz von nominalen und realen Steuern, sowie intransparenten Geldströmen - angehäuft werden konnten.
Während man den "normalen" Bürgerinnen zu jeder Zeit bei dem Thema Steuern Transparenz abverlangt und die Steuerlast - auch durch die Fehlspekulationen der Banken - in den letzten Jahren derer stetig erhöht, entziehen sich a.m.S. die " Stärksten " des Landes der notwendigen demokratischen Beteiligung - an der Infrastruktur; Bildung; Sicherheit; Forschung ect. - von der gerade diese !! Unternehmen am meisten profitieren, hier immer mehr.
Wenn ich lese, dass 20 Billionen Euro in den Steuroasen "liegen" und damit eine zwanzigstel !!ausreichen würde den ESM zu finanzieren oder - ein zehntel !! - genügen würde die deutschen Schulden komplett zu tilgen, dann muss man der Annahme sein, - wenn die realen Steuern von den betroffenen Unternehmen gezahlt werden würden, muss kein einziges Gehalt oder Renten in Europa gekürzt werden, könnten die Steuern und Abgaben von BürgerInnen gesenkt werden sowie vor allem damit unsere Volkswirtschaften und Demokratien in Europa gestärkt werden.
Meine Fragen dazu an Sie:
Wann sorgt die Politik in Europa und Deutschland endlich für eine Beteiligung der Unternehmen an einer durchgehenden Gestaltung von Demokratie und nachhaltigen Volkswirtschaften; sowie damit verpflichtenden Zahlung von Steuern entsprechend Ihrer wirtschaftskraft (elektronisch/IT)?
Wann wird der Hochfrequenzhandel, Hedgefonds verboten und eine Transaktionssteuer für den Aktienhandel eingesetzt ?
Es geht dabei um nicht weniger, als um den Schutz und dauerhaften Bestand und Gestaltung unserer Demokratie und Volkswirtschaft.
Bitte tragen Sie Ihren Teil dazu bei, ganz herzlichen Dank dafür im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg L. aus München
Sehr geehrter Herr Lindeholz,
vielen Dank für Ihre Anmerkungen und Fragen. Ich gebe Ihnen völlig recht: Steuerflucht und Steuerhinterziehung sind ein massives Problem und durch nichts zu rechtfertigen. Leidtragende sind, wie Sie schreiben, die "normalen" Bürger, also vor allem ArbeitnehmerInnen, denen die Lohnsteuer gleich an der Quelle abgezogen wird, sowie kleine und mittlere Unternehmen, die aufgrund mangelnder Betriebsstätten im Ausland nicht die gleichen Steuergestaltungsmöglichkeiten haben wie große, grenzüberschreitend tätige Unternehmen.
Bereits im letzten Jahr haben wir daher einen europäischen "Steuerpakt" gefordert, der - analog zum Fiskalpakt - eine Einigung der europäischen Staaten auf verbindliche steuerliche Regelungen sein soll, damit zumindest in Europa nicht länger ein Staat die Steueroase des anderen ist. Sie können unsere Forderungen dazu hier ab S. 11 nachlesen: http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Beschluesse/Europa-Europa-entsteht-durch-Taten-Beschluss-BDK-11-2012.pdf
Natürlich können europäische Ansätze, so schwer diese bereits sind, nur der erste Schritt sein. Darüberhinaus sind globale Vereinbarungen notwendig. Wie diese aus Grüner Sicht aussehen könnten, habe ich vor kurzem mit meinem Kollegen Uwe Kekeritz in einem ausführlichen gemeinsamen Papier dargelegt, das Sie hier abrufen können: http://www.gerhardschick.net/index.php/themen/gerechte-steuerpolitik/item/217-steuerhinterziehung-und-vermeidung-weltweit-stoppen
Zu den Bestandteilen Ihrer zweiten konkreten Frage (die aus meiner Sicht zwar keinen direkten Bezug zur Steuerhinterziehung haben, aber dennoch wichtig sind): Eine Eindämmung des Hochfrequenzhandels ist auch Grüne Position. Konkret können Sie dies in meinen beiden Reden zum Thema im Plenum des Bundestages nachlesen:
http://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/2012/november/hochfrequenzhandel_ID_4386602.html
http://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/2013/februar/hochfrequenzhandel_ID_4387549.html
Hedgefonds wollen wir zwar nicht verbieten, aber sie deutlich stärker regulieren und beaufsichtigen lassen. Und für die Finanztransaktionsteuer kämpfen wir bereits seit vielen Jahren - mit dem großen Erfolg, dass sie nun in elf EU-Staaten eingeführt werden wird. Ob sie das intendierte Ziel tatsächlich erreicht, wird jetzt von ihrer konkreten Ausgestaltung abhängen, die derzeit verhandelt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick