Frage an Gerhard Schick von Holger H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Schick,
als Finanzpolitiker haben Sie auch Steuerhinterziehung mit im Blick. Landläufig werden die beiden Begriffe „Steuerhinterziehung“ und „Schwarzarbeit“ oft deckungsgleich benutzt.
Im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz wird auch „unerlaubte Handwerksausübung“ als Tatbestand aufgeführt. Danach werden dann Ermittlungen durchgeführt, bei denen es darum geht, ob etwa der Raumausstatterbetrieb einen Raum auch tapezieren durfte, ein Fensterbauer auch irgendwelche Tischlerarbeiten ausüben, oder eine Haarstylistin auch Haare schneiden durfte.
Immer wieder wird gezielt, oder unbewusst diese unerlaubte Handwerksausübung in einen Topf mit Steuerhinterziehung geworfen. So wurde eine Verschärfung der Ermittlungsbefugnisse in diesem Bereich vor dem Bundesrat mit dem Volumen der deutschen Schattenwirtschaft von 350 Mrd. Euro begründet (BT Drs. No.: 17/6855). Ich kann darin aber überhaupt keine Steuerhinterziehung erkennen, wenn steuerzahlende Raumausstatter einen Raum auch tapezieren.
Die Diskriminierung von Betrieben als Schwarzarbeiter, weil sie mit einer Säge statt Kunststoff auch Holz sägen, einen Grabstein auch beschriften, satt ihn nur aufzustellen, oder Brötchen die sie verkaufen auch selber backen ist weltweit einzigartig.
Unerlaubte Handwerksausübung gehört aus dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz gestrichen. Auch, weil die Abgrenzungsprobleme schon durch die Handwerksordnung sanktioniert sind.
Herr Schick, warum war es den Grünen bisher wichtig an diesem Zustand der Diskriminierung steuerzahlender Betriebe als Schwarzarbeiter festzuhalten, und zuletzt im Juli 2011 im Bundesrat sogar einer Verstärkung der Ermittlungsbefugnisse in diesem Bereich zuzustimmen (z.B. NRW, HB, Ba.-Wü., u.a.?)
Für den Fall, dass Sie sich hier nicht zuständig sehen, bitte ich um einen Hinweis, an welche Ihrer FraktionskollegInnen ich mich wenden kann.
Vielen Dank
Sehr geehrter Herr Hermann,
vielen Dank für Ihre Frage. Es ist in der Tat so, dass ich mich als finanzpolitischer Sprecher intensiv mit Themen der Steuer- und Finanzmarktpolitik befasse. Allerdings muss ich zugeben, dass ich mich mit der konkreten Frage, die Sie aufwerfen, noch nicht beschäftigt habe und deshalb jetzt nur eine erste Einschätzung geben kann.
Die grundsätzlichen Fragen um die Handwerksordnung sind sehr komplex und werden nicht nur bei Bündnis 90/Die Grünen kontrovers diskutiert. 2004 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung eine umfassende Handwerkrechtsnovelle verabschiedet, die auch den Meistervorbehalt deutlich einschränkte. Diese Änderungen haben wir vorgenommen, um die wirtschaftliche Entwicklung im Handwerk zu stärken und Schwarzarbeit wirksam zu bekämpfen.
Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft zurückzudrängen ist uns Grünen ein wichtiges Anliegen. Sie schädigt unsere Wirtschaft und geht zu Lasten der Vielzahl der Unternehmerinnen und Unternehmer sowie deren Arbeitnehmer, die sich gesetzeskonform verhalten.
Es ist nicht unsere Absicht, Steuerhinterziehung mit der unerlaubten Handwerksausübung gleichzusetzen. Offenbar kann es bei der unerlaubten Handwerksausübung in der Praxis zu Abgrenzungsproblemen kommen, die schwer zu lösen sind. Es ist auch nicht auszuschließen, dass Menschen zu Unrecht belangt und Kontrollen ausgesetzt werden.
Ich habe das Thema an meine KollegInnen herangetragen, die sich mit den Fragen der Arbeitsmarkt- und Wettbewerbsordnung beschäftigen, um das Für und Wider einer Streichung der „unerlaubten Handwerksausübung“ aus dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz abzuwägen. Insbesondere muss dabei geklärt werden, welche Auswirkungen dies auf die Handwerksberufe und die Ausbildung im dualen System hätte.
Wenn Sie sich nochmal direkt an einen Kollegen von mir wenden wollen, dann wäre Tobias Lindner, der wirtschaftspolitische Sprecher meiner Fraktion, der richtige Ansprechpartner.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick