Frage an Gerhard Schick von Jan-Peter H. bezüglich Finanzen
Verträgt sich das Vorgehen der EU Finanzminister in Zypern mit EU-Recht ?
Sehr geehrter Herr Schick,
Ich habe die europäische Einlagensicherung immer so verstanden, dass Einlagen in der EURO-Zone bis 100.000,- bei einer Bankeninsolvenz bzw, der Restrukturierung von Banken gesichert sind.
Bitte Erklären Sie mir, warum die Belastung von Einlagen unter 100.000,- bei der Bankenrettung in Zypern mit europäischem Recht vereinbar ist ?
Desweiteren wird in den Medien berichtet, dass das die Banksysteme in Zypern bereits so programmiert sind, dass ein vollständiges Abheben der Einlagen bereits jetzt nicht mehr möglich ist, obwohl das entsprechende Gesetz noch garnicht von zypriotischen Parlament verabschiedet ist.
Bitte erklären Sie mir, wie das mit europäischem Recht vereinbar ist ?
Als EU Bürger bin ich fassungslos, was hier passiert. Ich verliere gerade jedwegiges Vertrauen in das Funktionieren unserer europäischen Demokratie.
Mit europäischen Grüßen
Jan-Peter Homann
Sehr geehrter Herr Homann,
vielen Dank für Ihre Mail.
Vorab die Bemerkung, dass ich kein Jurist bin, ihre Fragen aber vor allem rechtlicher Art sind.
Die Belastung von Einlagen unter 100.000 EUR wurde vom zyprischen Parlament ja abgelehnt und ist derweil auch nicht mehr Bestandteil der Stabilisierungsstrategie für das zyprische Bankensystems. Politisch und ökonomisch hätte ich diesen Weg auch kritisch bewertet, u.a. aufgrund etwaig negativer Signalwirkungen auf andere Länder. Gleichwohl wäre nach meinen Informationen dieser Ansatz rechtlich möglich gewesen, da es sich – formaljuristisch gesprochen – nicht um eine Absenkung des Einlagenschutzes, sondern um eine fiskalische Maßnahme gehandelt hätte, und jeder Staat nach eigenem Dafürhalten Kapitalanlagen besteuern kann.
Ihre zweite Frage betrifft die rechtliche Umsetzung der Kapitalverkehrskontrollen. Das zyprische Parlament hat nach Medienberichten diese Einschränkungen im Kapitalverkehr beschlossen. Dieses Vorgehen ist auch vom EU-Recht gedeckt (vgl. Art. 65 AEUV, wonach Kapitalverkehrskontrollen zulässig sind, wenn die öffentliche Ordnung oder Sicherheit in Gefahr ist). Ich halte diese Entscheidung auch für sachlich richtig, weil ein unkontrollierter Abfluss eines großen Volumens von Finanzmitteln zu befürchten war („Bank-Run“), was die Banken in Zypern vor große neue Problemen gestellt hätte.
In beiden angesprochenen Bereichen war also eine Beteiligung des zyprischen Souverän gegeben. Ich halte es auch für richtig, dass in Zypern jetzt – erstmals überhaupt in der Eurokrise – Eigentümer und Gläubiger der Banken substantiell an den Rettungskosten beteiligt wurden und so das Risiko und der finanzielle Beitrag der europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler reduziert werden konnte. Bereits im Vorfeld der jetzt gewählten Strategie habe ich mich für einen solchen Ansatz ausgesprochen, wie Sie bei Interesse hier nachlesen können: http://gruen-links-denken.de/2013/zypern-fur-klare-grune-kriterien-bei-europaischen-rettungsmilliarden/#more-1099
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick