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Gerhard Schick
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Frage von Peer H. •

Frage an Gerhard Schick von Peer H. bezüglich Finanzen

Der aktuelle Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 beinhaltet Neuregelungen des §4 Nr. 21 UStG, nach der weiterbildende und berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen ohne weitere Voraussetzungen umsatzsteuerbefreit sind.

Mit diesem Privileg der Umsatzsteuerbefreiung möchte der Gesetzgeber Weiterbildungen kostengünstig machen und fördern, erreicht jedoch das Gegenteil.

Dabei wird völlig übersehen, dass diese Fortbildungen von Unternehmen gebucht und bezahlt werden. Wir betreiben die Berliner Linux Akademie mit mehren
Hundert Teilnehmern pro Jahr und haben fast ausschließlich (vorsteuerabzugsberechtigte) Geschäftskunden, die ihre Mitarbeiter bei uns qualifizieren lassen.

Das vermeindliche „Privileg“ der Umsatzsteuerbefreitung würde für uns ab 1. Januar 2013 bedeuten:

*) Für die von uns eingekauften Vorleistungen (Hotelmiete, Werbungs- und Materialkosten, Anzeigenschaltungen, Technikeinkauf) geht der Vorsteuerabzug verloren. Wir werden damit dem Endverbraucher gleichgestellt und bezahlen als Unternehmen Umsatzsteuer. Dies mag u.U. sogar verfassungsrechtlich bedenklich sein.

*) Dieser Verlust des Vorsteuerabzugs würde bei uns existenzbedrohende Mehrbelastungen von ca. 100.000 EUR pro Jahr bedeuten.

*) Die am Ende plötzlich um 19% gestiegenen Einkaufskosten würden wir nun auf unsere Schulungspreise aufschlagen müssen, was ca. 10% Preissteigerung zur Folge hätte.

Der Gesetzgeber verteuert also Schulungsmaßnahmen und sorgt so dafür, dass es Arbeitnehmern zunehmend schwieriger wird, Bildungsnaßnahmen vom Arbeitgeber bewilligt zu bekommen.

Besser wäre es unserer Ansicht nach, in §4 Nr. 21 UStG eine Regelung zu schaffen, nach der ein Bildungsträger

*) freiwillig („kann“-Regelung)
*) ggf. auf Antrag

die Umsatzsteuerprivilegierung für seine Schulungsmaßnahmen in Anspruch
nehmen kann, je nachdem, wie sein Kundenkreis aufgebaut ist.

Welche Position vertreten Sie in diesem Zusammenhang und auf welche Lösung dieser Probleme werden Sie im Ausschuß hinarbeiten?

Portrait von Gerhard Schick
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Heinlein,

wir sind bei dieser Problematik ganz bei Ihnen. Sie haben anschaulich beschrieben, zu welchen Mehrbelastungen die Reform des Umsatzsteuergesetzes für Sie und viele andere kleine und mittlere Unternehmen führen kann. Die Neufassung des §4 Nr.21/22 Umsatzsteuergesetzes, die die Koalition durch das Jahressteuergesetz 2013 vornehmen will, lehnen wir als Grüne daher ab. Die Tatsache, dass bisher umsatzsteuerpflichtige Unternehmen von der Umsatzsteuer befreit werden sollen, ist einer unserer Gründe für die Abehnung. Wie Sie richtig beschrieben haben, verlieren bestimmte Unternehmen ihr Recht auf Vorsteuerabzug und werden so indirekt mit der Steuer belastet. Dies verstößt gegen das Neutralitätsgebot der Mehrwertsteuer. Deshalb unterstützen wir Ihr Anliegen in der Sache und setzen uns, wie von Ihnen vorgeschlagen, für eine Antragsregelung ein, die sicherstellen soll, dass Unternehmen, die nicht von der Umsatzsteuer befreit werden wollen, darauf verzichten können, einen Antrag auf Befreiung zu stellen. Dieser vorgelagerte Antrag sollte wie bisher von einer zuständigen Landesbehörde und nicht vom Finanzamt geprüft werden. Dabei wird es entscheidend sein, dass eine europarechtskonforme Ausgestaltung dieser Regelung gefunden wird, wie sie bereits in den Niederlanden existiert.

Mit den besten Grüßen
Gerhard Schick