Frage an Gerhard Schick von Dr. Nils J. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Schick,
Sie und einige andere Katholiken Ihrer Partei regen in einem aktuellen Papier an, Konfessionslose mit "Kultursteuer" belegen. Dabei beziehen Sie sich auf ein in Italien praktiziertes Modell.
Ist Ihnen bekannt, dass das italienische Modell von der Evangelischen Kirche bereits im Jahr 2007 für Deutschland als verfassungswidrig eingestuft worden ist? Wie bewerten Sie die mit Ihrem Vorschlag auftretenden verfassungsrechtlichen Fragen?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Nils Jena
Sehr geehrte Herr Dr. Jena!
Vielen Dank für Ihre Anfrage! Das Papier, das von mir und anderen katholischen Grünen vor dem Katholikentag in Mannheim veröffentlicht worden ist, hat Diskussionen ausgelöst, besonders die Frage der Kirchenfinanzierung, die eigentlich gar nicht im Zentrum des Papiers stand.
Wir haben für eine Reformdiskussion innerhalb der katholischen Kirche eine Orientierung am italienischen Modell angeregt, nicht eine direkte Übernahme. Man wird die spezifische Situation in Deutschland berücksichtigen müssen. Traditionell halten die Kirchen Strukturen vor, die für das soziale und kulturelle Leben wichtig sind. Zumindest ist das eine häufig genannte Begründung für die Sonderrolle, die die Kirchen bei ihrer Finanzierung gegenüber anderen Institutionen haben. Mit sinkenden Mitgliederzahlen verlieren die Kirchen notwendigerweise die Rolle, die sie früher hatten. Manche Aufgabe muss dann von anderen Institutionen übernommen werden. Nach meiner Auffassung sollten das im sozial-karitativen wie im kulturellen Bereich nicht im wesentlichen kommerzielle Anbieter sein, um eine weitere Ökonomisierung dieses Bereichs zu verhindern.
Sie fragen nach den rechtlichen Voraussetzungen. Uns ist klar, dass zur Ersetzung der Kirchensteuer eine Grundgesetz-Änderung notwendig ist. Konkret geht es um das Recht der Religionsgemeinschaften auf Steuererhebung aus Art. 137 Abs. 6 WRV, der in das Grundgesetz übernommen wurde. Die Notwendigkeit einer Grundgesetzänderung gilt damit im Übrigen auch für die vielfach erhobene Forderung einer Abschaffung der Kirchensteuer. Bei einer Orientierung am italienischen Modell würde - anders als heute bei der Kirchensteuer - der Staat die Höhe Abgabe festlegen. Auch das wirft rechtliche Fragen auf.
Die rechtlichen Hürden sind jedenfalls sehr hoch. Jede Änderung im Bereich der Kirchenfinanzierung wird deshalb nach meiner Einschätzung nicht gegen die Kirchen zu erreichen sein, sondern nur in einer neuen Verständigung zwischen Kirchen und Gesellschaft über die veränderte Rolle der Kirchen. Wir haben die Forderung nach einer Änderung des Status quo deshalb bewusst als Beitrag zur innerkirchlichen Diskussion in der katholischen Kirche formuliert, weil hier die Bereitschaft für Veränderungen gestärkt werden muss.
Mit freundlichen Grüßen,
Gerhard Schick