Frage an Gerhard Schick von Michael B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Schick,
Im Artikel „Grüner Finanzexperte wirft Regierung Vertuschung vor“ auf Welt online kann man Ihre Äußerungen zum Hilfspaket für Griechenland nachlesen.
Dort steht, Zitat:
„Was jetzt vereinbart wurde, reicht noch nicht“, sagte er in Berlin. „Ich bin fest davon überzeugt, dass es noch einmal eine Umschuldung in Griechenland geben wird.“ Diese werde auch die öffentlichen Gläubiger betreffen, „sodass der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird“.
Der Finanzexperte beklagte, dass diese Tatsache vertuscht werde. „Einzelne Abgeordnete aus der Koalition sagen jetzt wieder, es gibt keinen weiteren Cent für Griechenland. Das ist unehrlich.“
Zitat Ende.
Und etwas weiter im Text:
Zwar werden die Grünen dem Paket am Montag Schicks Angaben zufolge wahrscheinlich zustimmen. Dennoch beklagt er gravierende Mängel. Das Programm habe eine inakzeptable „soziale Schieflage“ und trage nicht dazu bei, der Wirtschaft in Griechenland auf die Beine zu helfen.
Wie soll ich als normaler Bürger das verstehen? Sie werfen einzelnen Abgeordneten aus der Koalition Unehrlichkeit vor. Ihre Partei will aber trotz „inakzetabler, sozialer Schieflage“ dem Ganzen zustimmen?
Ist das ehrlich? Entgegen dieser Bedenken wird zugestimmt?
Aber der Leittragende sind am Ende die Bürger und vor allem die Bürger zukünftiger Generationen, die durch Steuergelder diese Fehlentscheidung tragen müssen, während die Entscheider ihre politischen Posten gegen lukrative Posten in der freien Wirtschaft getauscht haben und wie die Made im Speck leben. (Denken Sie an Ihren früheren Koalitionspartner)
Daher würde ich fast soweit gehen und würde sagen:
Die Bürger werfen dem gesamten Bundestag Vertuschung vor.
Das spiegelt derzeit die Stimmung wieder. Die Politik handelt im Großen und Ganzen gegen den Bürger. Da brauch man sich über mangelhafte Wahlbeteiligungen und Politikverdrossenheit nicht wundern.
Mit freundlichen Grüßen
M. Beer
Sehr geehrter Herr Beer,
danke für Ihre Frage. Was die Informationslage betrifft, finde ich, sollte man eben nicht, wenn man es besser weiß, so tun, als sei dies das letzte Mal gewesen, dass wir über Griechenland reden. Dementsprechend hat Finanzminister Schäuble ja auch ein drittes Griechenland-Programm heute nicht ausgeschlossen. Andere Koalitionspolitiker haben das getan - meines Erachtens wider besseren Wissens. Das kritisiere ich. Ähnlich ist es bei den direkten Kosten durch Verluste bei den Bad Banks (z.B. der verstaatlichten HypoRealEstate-Bank). Die Bundesregierung weigert sich, diese Kosten klar zu benennen, obwohl die heute schon klar sind und mindestens 6 Milliarden Euro erreichen dürften. Solche Zahlen müssen auf den Tisch, wenn ein Parlament entscheidet.
Die andere Frage ist: Sollte man zustimmen, wenn das Programm nicht so aussieht, wie ich es richtig finde. Da muss man immer die tatsächlichen Alternativen anschauen. Die Alternative zum jetzt vorliegenden Programm ist wahrscheinlich eine ungeordnete Insolvenz Griechenlands. Diese würde zum einen für den deutschen Staatshaushalt direkte Kosten haben, weil wir die Hilfskredite an Griechenland zu großen Teilen verlieren würden. Weitere große Verluste gäbe es bei der Europäischen Zentralbank, diese müssen von Deutschland zu 27 Prozent getragen werden. In Griechenland müsste kurzfristig noch härter gespart werden, weil das Land dann kurzfristig kein Geld bekommen würde. Nicht unwahrscheinlich ist, dass dann die soziale Schieflage sogar noch größer wäre, denn kurzfristig kann man eher bei Sozialausgaben sparen als Steuern von Spitzenverdienern eintreiben. Trotz der Kritik halte ich deshalb das Programm für die bessere Alternative im Vergleich zur Insolvenz.
Viele Grüße
Gerhard Schick